Wenn Ihr DAS am Arbeitsplatz macht, denken Eure Kollegen, Ihr seid dumm
Athens (USA) - Unter Stress stehen, um Eindruck zu machen? Wenn Ihr damit prahlt, wie überlastet Ihr im Job seid, sieht das vielleicht nach Professionalität und Hingabe zur Arbeit aus. Tatsächlich kann es aber den gegenteiligen Effekt haben, sagen Experten.
Mitarbeiter, die damit angeben, Stress oder besonders viel zu tun zu haben, werden von ihren Kollegen eher als weniger sympathisch und sogar als weniger kompetent wahrgenommen. Dies geht aus einer Studie hervor, die in der Zeitschrift Personnel Psychology veröffentlicht wurde.
Leider ist das Phänomen der "Punktejagd" - nennen wir es performative Angst - in der Unternehmenswelt allzu weit verbreitet, schreibt dazu die New York Post.
"Dieses Verhalten haben wir alle schon einmal bei jemandem beobachtet. Und jeder von uns könnte sich auch selbst einmal so verhalten", sagte Jessica Rodell.
Sie ist die Hauptautorin der Studie und Professorin für Management am "Terry College of Business" der University of Georgia in Athens, US-Bundesstaat Georgia, die die Studienergebnisse ebenfalls veröffentlichte.
"Als ich darüber nachdachte, warum die Leute das machen, dachte ich, vielleicht reden wir über unseren Stress, weil wir beweisen wollen, dass wir gut genug sind", erklärte Rodell.
Ziel: Bei den Kollegen besser dastehen
Um die Wirkung von Prahlerei mit Stress zu untersuchen, sollten 360 Studien-Teilnehmer Aussagen von fiktiven Kollegen analysieren, die von einer Konferenz zurückgekommen waren. Einige Kollegen schwärmten davon, wie sehr ihnen das Event gefallen hatte, während der viel beschäftigte Angeber sich darüber beschwerte, dass dies für ihn bloß "eine weitere Sache" sei, die er erledigen muss.
"Ich war schon total gestresst … Ihr habt keine Ahnung, unter welchem Stress ich stehe", lautete die erfundene Antwort.
Ergebnis: Die meisten Teilnehmer hielten Schwarzseher in Unternehmen für weniger sympathisch und kompetent als ihre positiveren Gegenstücke. Und es kommt sogar noch schlimmer!
Denn paradoxerweise fühlten sich die Befragten weniger bereit, der Person mit dem Angeber-Stress zu helfen. "Die Leute schaden sich selbst, indem sie etwas tun, von dem sie glauben, dass sie dadurch in den Augen ihrer Kollegen besser dastehen", sagte Rodell.
Dabei ist das Gegenteil der Fall!
Burnout und Angstzustände
Leider ist Stress am Arbeitsplatz "ansteckend", wie die Forschung zeigt: In einer Folgestudie befragten Rodell und ihr Team 218 Berufstätige zu den viel beschäftigten Angebern am Arbeitsplatz und fanden heraus, dass Menschen, die dem Signal "Stress" ihrer Kollegen ausgesetzt waren, häufiger an Burnout oder sogar Angstzuständen litten.
Rodell erläuterte, dass die Protzerei eines Kollegen den Eindruck erwecken könne, es sei "gut, gestresst zu sein", was sich auf andere Leute im Unternehmen negativ auswirken könne. Diese würden sich am Ende noch gestresster fühlen, was zu Erschöpfung mit verminderter Leistungsfähigkeit führen könne.
Interessanterweise trifft diese negative Wahrnehmung laut Rodell nicht auf tatsächlich gestresste Mitarbeiter zu, sondern nur auf die Heuchler, die so gesehen werden wollen. Und ironischerweise würden Arbeitnehmer, deren Stress echt ist, auch als kompetenter angesehen.
Tipp: Authentizität ist auch am Arbeitsplatz der richtige Weg.
Titelfoto: Oliver Berg/dpa