Kinder-Intensivmediziner: "Steuern ungebremst auf die nächste Katastrophe zu"
Augsburg - Kinderintensivstationen könnten im kommenden Winter erneut überlastet sein.
"Wir steuern ungebremst auf die nächste Katastrophe zu", sagte der Kinderintensivmediziner und Präsident der deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Florian Hoffmann, der "Augsburger Allgemeinen".
Im vergangenen Winter sorgte das RS-Virus für viele kranke Kinder und volle Kliniken. Zahlreiche Kinderintensivstationen waren überlastet, schwer kranke Kinder mussten über hunderte Kilometer in andere Kliniken transportiert werden. In Notaufnahmen warteten Eltern und Kinder teils stundenlang.
Schon jetzt, während des Sommers, seien viele Kinderintensivstationen überlastet, sagte Hoffmann. Ein Blick ins Intensivregister zeige, dass die Ampel bei derzeit zwölf bayerischen Kinderkliniken von Aschaffenburg über München und Memmingen nach Passau auf Rot stehe.
Das bedeute, dass die Häuser nach Einschätzung der dort arbeitenden Ärzte keine weiteren Patienten aufnehmen könnten.
"Eltern werden wieder tagelang in Notaufnahmen schlafen müssen"
Käme im Winter wieder eine Infektionswelle, träfe sie die Kinderintensivstationen hart, sagte Hoffmann. "Eltern werden wieder tagelang in Notaufnahmen schlafen müssen und ihre Kinder weite Wege in Kauf nehmen, um ein freies Bett zu finden."
Im vergangenen Jahr stellte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (60, SPD) 300 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. Von diesem Geld sei in den Abteilungen aber quasi nichts angekommen, sagte der Divi-Präsident weiter.
In den kommenden beiden Jahren stehen für die Kinder- und Jugendmedizin wieder 300 Millionen Euro bereit, teilte das Gesundheitsministerium laut Zeitung mit. Zudem verweist es auf die Krankenhausreform, die für die Kinder- und Jugendmedizin ein zusätzliches Budget vorsehe.
Die nähere Ausgestaltung werde im Rahmen des über den Sommer zu formulierenden Gesetzentwurfs erarbeitet, heißt es laut Zeitungsbericht weiter.
Titelfoto: Marijan Murat/dpa