Hättest du's gewusst? Plastik ist noch lange nicht gleich Plastik
Von Gina Gadis
Frankfurt am Main - Was bedeuten diese komischen Zeichen? Auf fast jedem Produkt befinden sich irgendwelche Zahlen, Buchstaben und Codes mit denen die meisten Menschen nichts anfangen können.
Wenn ich unter meine Brotdose schaue, sehe ich ein kleines Dreieck mit einer 5 in der Mitte, unter meiner Wasserflasche das gleiche Zeichen mit einer 1 und unter der Spülmittelflasche eine 2. Diese Zeichen haben irgendetwas mit der Kunststoffart zu tun, soviel ist mir bewusst. Doch was genau hat es mit den mysteriösen "Warndreiecken" auf sich?
Dass Plastik nicht gleich Plastik ist, ist ganz offensichtlich. Mancher Kunststoff, wie zum Beispiel der, aus dem die großen PET-Flaschen hergestellt werden, lässt sich ganz leicht eindrücken, wieder anderer ist sehr hart, wie beispielsweise der aus dem die Tastatur gemacht ist, auf der ich gerade schreibe. Und das hat meine Recherche ergeben:
Die Basis für Plastik bilden Erdöl, Kohle, Erdgas und weitere Bestandteile wie Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel, Wasserstoff, Cellulose, Salze und so weiter. Durch die verschiedenen Herstellungsverfahren und Additive (Zusatzstoffe) wie Weichmacher, Farbmittel, Stabilisatoren et cetera, können dann die gewünschten Eigenschaften des Kunststoffes realisiert werden.
Unterteilt wird das entstandene Plastik in drei Hauptgruppen:
Sehr gut recyceln lässt sich Thermoplaste, denn diese kann durch Erhitzen eingeschmolzen und in neue Formen gebracht werden, wie zum Beispiel PET. Duroplaste zeichnet sich durch Stabilität (selbst bei Hitze) aus und soll möglichst lange halten. Die dritte Gruppe bilden die sogenannten Elastomere. Wie man eventuell schon vom Namen ableiten kann, handelt es sich dabei um elastisches Plastik, wie zum Beispiel Gummi.
Aber zurück zu den "Warndreiecken" und Codes. Das Dreieck selbst steht für Recycling und die Ziffern bezeichnen unterschiedliche Plastikarten.
Sieben verschiedene Plastikarten
Recyclingcode 01: Polyethylenterephthalat (PET)
Polyester für Textilien oder auch Schalen für Fertiggerichte werden aus PET hergestellt. Bekannt sind gerade die PET-Flaschen, die gegen Pfand wieder zurückgegeben werden können. Denn PET lässt sich sehr gut recyceln, allerdings oftmals nicht wieder zu Lebensmittelverpackungen, sondern zu Handschuhen, Regenjacken oder Zelten.
Recyclingcode 02: Polyethylen mit hoher Dichte (HDPE)
Dickere Plastiktüten, Einwegbesteck, Rohre, Shampooflaschen und vieles mehr wird aus dem langlebigen Kunststoff Polyethylen hergestellt. PE lässt sich einfacher recyceln, als andere Kunststoffe, beispielsweise PVC, und selbst bei der Verbrennung entstehen keine schädlichen Gase. Allerdings befinden sich immer mehr Mikropartikel des Kunststoffes in der Umwelt und stellen eine massive Gefahr für die Tierwelt dar.
Recyclingcode 03: Polyvinylchlorid (PVC)
PVC findet vor allem Anwendung im Hausbau. So gibt es PVC-Bodenbeläge, Tapeten, Fensterverkleidungen und vieles mehr. Oftmals wird der Kunststoff mit Weichmachern versehen, welche gesundheitsschädlich wirken und PVC für die Lebensmittelbranche kaum noch einsetzbar machen. Außerdem lässt sich PVC kaum recyceln und es entweichen Schadstoffe bei der Verbrennung und Deponierung.
Recyclingcode 04: Polyethylen mit geringer Dichte (LDPE)
LDPE ist deutlich flexibler und transparent im Vergleich zu HDPE. Der Kunststoff wird zum Beispiel für Frischhaltefolie oder die Innenbeschichtung von Milchkartons verwendet.
Recyclingcode 05: Polypropylen (PP)
Unter anderem werden Joghurtbecher, Strohhalme, Kochbeutel, Textilien, Fahrradhelme, Autoinnenausstattungen aus Polypropylen hergestellt. Dieser Kunststoff ist dem Polyethylen sehr ähnlich, jedoch härter und hitzefester. Auch PP lässt sich relativ gut recyceln. Häufig wird dem Kunststoff jedoch Chlor beigemischt, was bei der Verbrennung als giftiges Chlorgas entweicht.
Recyclingcode 06: Polystyrol (PS)
Polystyrol wird hauptsächlich für Dämmstoffe und feuchtigkeitsabweisendes Verpackungsmaterial verwendet. Der bekannteste Vertreter ist Styropor. Leider wird zur Herstellung das krebserregende Benzol benötigt und auch das Recycling von Polystyrol ist kaum möglich.
Recyclingcode 07: Polycarbonat (PC) und Polyamid (P)
Unter dem Recyclingcode 7 werden andere Kunststoffe wie zum Beispiel Polycarbonat oder Polyamid zusammengefasst. Polycarbonat wird vor allem für Trinkflaschen, Wasserspender und Küchengeräte verwendet, da es aber das hormonwirksame Bisphenol A enthält, wird es immer weiter aus dem Lebensmittelbereich verdrängt. Polyamid zeichnet sich durch große Widerstandsfähigkeit aus und wird deshalb für Stoffe wie Nylon oder Perlon verwendet.
Polyurethan (PU) besitzt keinen Recyclingcode, da es sich nicht recyceln lässt. Dennoch wird es häufig für Schuhe, Autositze, Matratzen oder Klebstoffe verwendet.
Somit gehören die Kennziffern 01, 02, 04 und 05 zu den Plastikarten, die sich noch mit am besten recyceln lassen. Doch trotz der Tatsache, dass offensichtlich ein Großteil des Plastiks recycelt werden kann, werden in Deutschland gerade einmal 17 Prozent tatsächlich stofflich wiederverwertet. Denn nur sortenreines Plastik kann recycelt werden. Wenn zum Beispiel der Aluminiumdeckel vom Joghurtbecher nicht abgetrennt wurde, landet er in der Verbrennung.
Fleischverpackungen werden in den wenigstens Fällen recycelt, denn auch bei diesen ist das nur möglich, wenn der Deckel restlos entfernt wurde. Und auch andere Gegenstände, die aus mehreren Materialien bestehen (beispielsweise Tetrapacks) können von den Maschinen nicht getrennt werden.
Erschreckende Berichte zeigen darüber hinaus auf, dass Entsorgungsfirmen höhere Profite durch die Verbrennung erzielen und Recycling nicht rentabel genug ist. Trotz Vorreiterstellung steckt also auch Deutschland noch in den Kinderschuhen, wenn es um stoffliche Wiederverwertung geht.
Es bleibt zu hoffen, dass die Technologien so schnell wie möglich besser werden, die Regierung die nötigen Schritte unternimmt und bis dahin sollte es heißen: So wenig Plastik wie möglich produzieren!
Über die Kolumnistin
Gina (25) ist geboren in Dresden, studierte in Freiberg Wirtschaftsingenieurwesen. Zwischen ihrem Bachelor und dem Master ging sie auf Reisen.
Knapp zwei Jahre bereiste Gina die Welt, 10 Monate davon war sie in Asien unterwegs. Hier kam es zu der Initialzündung. Denn vielerorts in Asien sind die Menschen nicht mehr Herr über die Vermüllung ihre Orte.
Gina sammelte schon auf ihrer Reise Müll ein, öffentlichkeitswirksam begeisterte sie auch immer mehr Menschen in ihrer Heimat für das Thema.
Als sie zurück nach Deutschland kam (aktuell Masterstudentin in Darmstadt), verfolgte sie weiter die Müll-Thematik und schreibt nun unter anderem diese Kolumne für TAG24.
Hier geht es zu den anderen Nachhaltigkeits-Kolumnen von Gina Gadis
Aufgepasst: So gefährlich sind herkömmliche Sonnencremes
Deine Küche ist das reinste Plastik-Paradies: So darf es nicht weitergehen!
Ökologisch genug? Die Wahrheit über Bioplastik
Warum Müllverbrennung keine langfristige Lösung ist