Expertin klärt auf: So kann man selbst tropischen Nächten trotzen!
Dresden - Schwitzen, sich hin und her wälzen oder mitten in der Nacht aufwachen und nicht wieder einschlafen können: Schlaft Ihr bei dieser Hitze auch so schlecht? Schlafexperten empfehlen eigentlich sieben bis neun Stunden pro Nacht, um tagsüber einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch wenn die Nächte zu warm sind, findet man kaum Schlaf. Eine Schlafforscherin gibt Tipps und klärt Schlafmythen auf, um auch in tropischen Nächten gut einschlafen und fest durchschlafen zu können.
Im Schlaf trainiert das Immunsystem und bereitet sich auf den nächsten Tag vor. Gedächtnisspuren werden gefestigt und wir finden Kraft für den nächsten Tag. Doch warum nur können wir bei dieser Hitze nachts keine Ruhe finden?
In den Abendstunden und in der Nacht, wenn wir einschlafen wollen, sinkt üblicherweise unsere Körperkerntemperatur. Dafür geben wir Wärme an die Umgebung ab. "Deshalb sollte die optimale Temperatur im Schlafzimmer auch bei 16 bis 18 Grad liegen", empfiehlt die renommierte Schlaf-Expertin Dr. Christine Blume (38) von der Universität Basel.
Doch wenn das Schlafzimmer aufgeheizt ist, funktioniert das nicht mehr so gut. Die Folge: Man benötigt mehr Zeit zum Einschlafen und wacht auch in der Nacht häufiger auf.
Besonders in den sogenannten tropischen Nächten, wenn die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, wird das Bett zur Dauerwälzzone.
Wie ist es mit dem guten, alten Schäfchenzählen?
Die Sommerschlafdelle ist nicht nur lästig, sondern beeinträchtigt uns auch am Tag. Man ist morgens nicht nur unausgeschlafen, sondern tagsüber auch weniger leistungs- und reaktionsfähig.
Dr. Blume sagt: "Eine Studie hat herausgefunden, wer vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen hat, hat so eine lange Reaktionszeit wie bei einem Promille Alkohol im Blut." Trotzdem rät sie von der Einnahme von Schlafmitteln wie den viel beworbenen Melatonin-Hormonpräparaten, um besser einschlafen zu können, ab.
Könnte man vor tropischen Nächten nicht einfach vor- oder später nachschlafen? "Schlaf speichern oder 'vorschlafen' kann man leider nicht", sagt die Forscherin.
Und hilft wenigstens das legendäre Schäfchen zählen? "Lieber nicht", rät Blume. "Es gibt eine Studie, die zeigt, dass Schäfchenzählen nicht so gut funktioniert." Doch die Expertin weiß auch, was wirklich hilft.
Acht Tipps der Expertin für einen besseren Schlummer
1. Temperatur im Schlafzimmer senken
Lüftet abends, wenn es kühler wird. Tagsüber schützen Jalousien oder Rollläden vor Hitzeeinstrahlung der Sonne. Nachts sollte der Raum möglichst dunkel und ruhig sein.
2. Spezielle Sommermatratze verwenden
Matratzen mit einer kühlenden Gelauflage sind hilfreich, weil sie effektiv die Körperkerntemperatur senken können. "Studien haben gezeigt, dass sie den Schlaf stabilisieren können und auch den Tiefschlaf fördern", sagt Dr. Blume. Wer kein Geld für eine neue Matratze ausgeben will, kann den Körper beim Abkühlen auch mit einer lauwarmen Dusche oder einem Fußbad am Abend unterstützen.
3. Bettdecke und Bettwäsche anpassen
Wechselt auf eine luftige Sommerdecke oder schlaft nur unter einem Leintuch.
4. Nicht nackt schlafen
"Dann schwitzt man nur in die Bettwäsche hinein", weiß Dr. Blume. "Die ideale Schlafbekleidung sollte die Feuchtigkeit von der Haut abtransportieren, damit diese trocken bleibt." Zudem sollte die Nachtwäsche schnell trocknen. Dafür ist klassische Baumwolle nicht so gut geeignet. Besser sind Stoffe aus Merinowolle oder Lyocell, einer speziellen Cellulose-Regeneratfaser.
5. Festen Schlafrhythmus finden
Geht möglichst immer zu ähnlichen Zeiten ins Bett. So kann unser Körper sich auf diesen Rhythmus einstellen und die innere Uhr sorgt für eine Ausschüttung des Hormons Melatonin zur gewünschten Schlafzeit, was das Einschlafen erleichtert.
6. Mittagsschlaf vermeiden
Menschen, die Schlafprobleme haben, sollten auf ein Mittagsschläfchen verzichten. Insbesondere, wenn das Nickerchen länger als 30 Minuten dauert und später am Nachmittag stattfindet, kann es den Schlaf in der darauffolgenden Nacht beeinträchtigen. Ab und zu, zum Beispiel wenn hohe Temperaturen in der Nacht den Schlaf stören, können eine Siesta oder ein Power-Nap von 15 bis 20 Minuten am frühen Nachmittag jedoch hilfreich sein.
7. Nachts nicht auf den Wecker gucken
Dr. Blume: "Das führt nur zu Stress und erschwert so das (Wieder-)Einschlafen. Der Wecker klingelt sowieso am Morgen, die Uhrzeit in der Nacht ist eigentlich vollkommen irrelevant."
8. Bleibt entspannt
Nächte, in denen man auch mal schlecht schläft, sind normal. Wenn Ihr schlecht geschlafen habt, seid nachsichtig mit Euch. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Ihr in der darauffolgenden Nacht umso besser schlaft.
Einschlaf-Mythen - richtig oder falsch?
- Sport hilft beim Einschlafen: Richtig, körperliche Aktivität ist in jedem Fall förderlich für den Schlaf und die Stimmung. Dabei muss man sich nicht auspowern, auch ein Spaziergang kann hilfreich sein.
- Nasse Bettlaken im Schlafzimmer aufhängen: Falsch, denn bei der Verdunstung steigt die Luftfeuchtigkeit im Raum. Feuchte Wärme wird noch unangenehmer empfunden als trockene Wärme.
- Ein Gläschen Wein oder Aperol Spritz trinken: Falsch. "Alkohol hilft zwar beim Einschlafen, stört dann aber den Schlaf im restlichen Verlauf der Nacht", erklärt Dr. Blume. Auch Koffein (enthalten in Kaffee, aber auch in schwarzem oder grünem Tee) sollten ab dem Nachmittag (ca. 6 bis 8 Stunden vor dem Schlafengehen) vermieden werden.
- Kalt duschen oder ein kaltes Fußbad nehmen: Falsch. Wenn das Wasser zu kalt ist, stemmt sich der Körper gegen die Abkühlung von außen und das Absinken der Körperkerntemperatur wird erschwert. Besser: lauwarm duschen.
- Draußen schlafen - zum Beispiel auf dem Balkon: Stimmt, wenn es draußen kühler ist als im Schlafzimmer. An der frischen Luft drohen allerdings andere Schlafstörer wie zum Beispiel Mücken.
- Eine große Portion der Lieblingsspeise vor dem Einschlafen essen: Falsch, abends eher etwas Leichtes essen - also keine fetthaltigen, blähenden und zu großen Portionen. "Laut einer Studie lässt zum Beispiel eine Portion Pasta die Körpertemperatur nachts ansteigen, was nicht schlaffördernd ist", sagt Dr. Blume. Zudem sollte die letzte Hauptmahlzeit idealerweise zwei bis vier Stunden vor dem Schlafengehen stattfinden.
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/Westend61, Christian Flierl/Universität Basel