"Das kann ganz schön schiefgehen": Darum warnt Experte vor Pilzbestimmungs-Apps

Gerolstein/Mainz - Über Apps per Foto Pilze bestimmen lassen: Davon rät der Eifeler Pilzsachverständige Thomas Regnery ab.

Pilzexperte Thomas Regnery zeigt einen Hallimasch, einen beliebten Speisepilz.
Pilzexperte Thomas Regnery zeigt einen Hallimasch, einen beliebten Speisepilz.  © Harald Tittel/dpa

Nach seiner Erfahrung könne "das ganz schön schiefgehen".

"Ja, aber meine App hat gesagt, das ist der oder der Pilz": Diesen Satz höre er immer öfter, wenn er Menschen im Krankenhaus sage, mit welchem Pilz sie sich vergiftet haben.

In der Eifel zum Beispiel gebe es 6000 bis 7000 verschiedene Arten von Pilzen. "Da sind anhand ihrer optischen Merkmale vielleicht mal 1000 wirklich bestimmbar", sagte Regnery bei einem Gang durch einen Wald bei Gerolstein.

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Für den Rest müsse man mikroskopieren oder Chemikalien einsetzen.

"Das heißt, keine App auf der Welt kann auch nur irgendeine Sicherheit bieten, dass ein Pilz wirklich der ist, den sie zu identifizieren glaubt", erklärte er.

Verwechslungen können lebensgefährlich werden

Regnery mit dem vielleicht bekanntesten Speisepilz - dem Champignon.
Regnery mit dem vielleicht bekanntesten Speisepilz - dem Champignon.  © Harald Tittel/dpa
Leider wird der Champignon gerne von weniger erfahrenen Pilzsammlern mit dem hochgiftigen Grünen Knollenblätterpilz verwechselt.
Leider wird der Champignon gerne von weniger erfahrenen Pilzsammlern mit dem hochgiftigen Grünen Knollenblätterpilz verwechselt.  © Rainer Wald/Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V./dpa

Und Fehler bei der Bestimmung von Pilzen - egal ob mit App oder ohne - können lebensgefährlich sein. Das hat sich in der vergangenen Woche gezeigt.

Vier Patienten, darunter drei Kinder, waren nach dem Verzehr von giftigen Knollenblätterpilzen mit akutem Leberversagen in das Uniklinikum Essen eingeliefert worden.

In drei Fällen erfolgte inzwischen eine Lebertransplantation.

Bereits 300 Anfragen zu Pilzvergiftungen in Zentrum

Der Gelbe Knollenblätterpilz ist weit weniger giftig als sein grüner Verwandter - und auch nur beim rohen Verzehr.
Der Gelbe Knollenblätterpilz ist weit weniger giftig als sein grüner Verwandter - und auch nur beim rohen Verzehr.  © Harald Tittel/dpa

Rund 300 Anfragen wegen möglicher Pilzvergiftungen hat es dieses Jahr bereits beim Giftinformationszentrum der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen sowie für das Saarland gegeben.

"Im Moment geht es steil nach oben", sagte der Leiter des Zentrums an der Universitätsmedizin in Mainz, Andreas Stürer. Das liege vor allem daran, dass witterungsbedingt die Pilzsaison noch voll in Gange sei.

Rund 70 Prozent der Anrufer seien "medizinische Laien", der andere Teil Ärzte und medizinisches Personal. Die Bandbreite der Fälle reiche vom akuten Leberversagen bis zu Personen, die noch gar nichts spürten.

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Bei einem Drittel der Anrufer sei der Pilz, um den es gehe, unbekannt. "Wir machen praktisch eine Ersteinschätzung der Situation", sagte Stürer.

Teils müsse schnell gehandelt werden. Bei der Bestimmung von unbekannten Pilzen würden Pilzsachverständige dazu geholt.

Auch der Fliegenpilz ist ein Giftpilz, wird aber wegen seines signifikanten Äußeren zumeist problemlos erkannt.
Auch der Fliegenpilz ist ein Giftpilz, wird aber wegen seines signifikanten Äußeren zumeist problemlos erkannt.  © Harald Tittel/dpa

Die Zahl der Anfragen am Zentrum zu Pilzen schwanke jährlich zwischen 400 und 500. Der klinische Toxikologe rechnete auch dieses Jahr mit einer solchen Zahl bis Jahresende.

Titelfoto: Harald Tittel/dpa

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