"ARD-Buffet"-Beitrag löst Shitstorm aus: "Obst und Gemüse wird überschätzt"
Baden-Baden - Mit den Bereichen Ernährung, Garten und Gesundheit deckt die beliebte Mittagssendung "ARD-Buffet", die täglich 12.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird, große Themenbereiche ab. In der Hochphase des Coronavirus in Deutschland veröffentlichte die Show einen Beitrag über gesunde und ungesunde Lebensmittel - wohl mit der Intention, den Zuschauern ein Gefühl zu vermitteln, in dieser schwierigen Zeit etwas für die eigene Gesundheit tun zu können. Im Netz sorgt der gut vierminütige Clip inzwischen allerdings für große Aufregung.
Wäre es nicht gut, wenn man essen könnte, was man will und es hätte keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit? Ist Obst und Gemüse wirklich so gut für den Körper oder sind diese Lebensmittel am Ende nur überbewertet? Mit diesen Themen beschäftigte sich ein Beitrag aus dem "ARD-Buffet", der offenbar am 16. März diesen Jahres in der Sendung ausgestrahlt wurde.
Moderatorin Fatma Mittler-Solak läutete den Clip mit der guten Nachricht ein, dass es mit den folgenden Tipps in der Coronazeit "auch sehr einfach geht, sich entspannt und gesund zu ernähren".
Was dann jedoch folgte, sorgt im Netz für erhitzte Gemüter. "Was schmeckt, ist erlaubt" oder "Gute und böse Nahrungsmittel gibt es nicht" sind nur zwei der Aussagen, die bei gesundheitsbewussten Zuschauern milde gesagt nicht ganz so gut ankamen.
Der zweite "Ernährungstipp" wertete gar Obst und Gemüse als nicht so wichtig für den Körper ab. Die Lebensmittel seien "überschätzt", Kopfsalat habe beispielsweise kaum Vitamine und gehört somit nicht zwangsläufig auf den Esstisch. Es gäbe zudem beispielsweise keine Studie, dass Obst und Gemüse gegen Krebs schützen. Man müsse sich deshalb nicht zum Verzehr "zwingen", fünfmal am Tag schon gar nicht.
TAG24 hat bei der Verbraucherzentrale nachgefragt. Die Antwort, gerade was die Richtigkeit des genannten Obst- und Gemüsethemas angeht, ist eindeutig.
"Die dauernde Abwertung von Obst und Gemüse ist so nicht richtig. Nach aktueller Datenlage reduziert ein hoher Obst- und Gemüseverzehr (in der Gesamtheit) das Erkrankungsrisiko für Hypertonie, KHK und Schlaganfall (überzeugende Evidenz) und für Krebserkrankungen (wahrscheinliche Evidenz)", erklärt Dr. Birgit Brendel.
"Die 'Fünf am Tag'-Regel soll lediglich veranschaulichen, wie die Obst/Gemüse-Portionen am Tag verteilt werden können. Es ist auch zu bedenken, dass der Verzehr an Gemüse im Durchschnitt unter der empfohlenen Menge liegt. Auch der abgewertete Kopfsalat ist nicht wertlos wie dargestellt: Er leistet in verzehrüblichen Mengen einen substanziellen Beitrag zur Versorgung mit Beta-Carotin, Folat und Kalium."
ARD-Buffet-Redaktion bereits über den Fall informiert
Auch zum Thema Nährstoffe sollte der Beitrag die Zuschauer des "ARD-Buffet" wohl beruhigen. Demnach sei es kaum möglich, dass der Mensch einen Vitaminmangel erleiden könnte. Beispielsweise würden 20 Milligramm Vitamin C am Tag reichen, um den täglichen Bedarf zu decken.
Dr. Birgit Brendel: "Die empfohlene tägliche Zufuhr Vitamin C für Erwachsene liegt bei 110 mg. 20 mg sind nicht richtig. Liegt die Zufuhr bei unter 10 mg/Tag, treten akute Mangelerkrankungen (Skorbut) auf."
Laut dem ARD-Beitrag sind in einer doppelten Portion Pommes 20 mg Vitamin C enthalten, wodurch dem Zuschauer suggeriert wird, dass es keinen Unterschied mache, ob man den täglichen Bedarf mit Obst, Gemüse oder Präparaten oder eben mit Pommes decke.
Dr. Brendel: "Gute Quellen sind Paprika und Johannisbeeren. Im Beitrag werden hauptsächlich tierische Produkte und fettreiche Produkte positiv dargestellt." Pommes als Vitamin-C-Quelle liege "sehr daneben. Das ist auch vor dem Hintergrund kritisch zu sehen, dass weite Teile der Bevölkerung übergewichtig sind."
Auf Facebook wurde der "ARD-Buffet"-Beitrag, den ein Nutzer abgefilmt und kommentiert hat, bereits über 1600 Mal geteilt. Der Clip wird von Usern als "vorsätzliche Körperverletzung" und als "totale Volksverdummung" tituliert.
Auf TAG24-Nachfrage bei der "ARD-Buffet"-Redaktion wollte man sich übrigens nicht näher zum Beitrag äußern. Man sei "über den Fall informiert".
UPDATE, 28.07, 10.30 Uhr: Redaktion des "ARD Buffet" äußert sich zum Beitrag
Inzwischen hat sich die Redaktion des "ARD Buffet" zum Beitrag "Fünf Tipps für entspannte Esser" vom 16. März geäußert.
Claudia Godzieba aus der Fachredaktion Kochen & Ernährung: "Das Anliegen des Beitrags ist es, sehr knapp und einfach fünf Aspekte zu unserer Ernährung zu beleuchten. Der Beitrag thematisiert, dass für gesunde Menschen für eine gute Ernährung die Gesamtheit des Speiseplans entscheidend ist und gelegentlich auch eher ungesunde Lebensmittel vertretbar sind. Dabei werden plakative, zugespitzte Beispiele verwendet. Inwieweit hier eine ausführlichere Darstellung förderlich gewesen wäre, werden wir redaktionsintern nochmal diskutieren."
Ernährung sei generell ein kontrovers diskutiertes Thema. Godzieba: "Insgesamt bettet sich der Beitrag ein in unsere tägliche, vielfältige Darstellung der Themen Kochen und Ernährung, bei denen wir verschiedene Aspekte beleuchten und denen wir uns aus unterschiedlichen Sichtweisen und mit wechselnden Schwerpunkten nähern."
Titelfoto: Uli Deck/dpa