Seltsames Urteil zu Globuli: Nur Zucker statt Wirkstoff?
Darmstadt - Wenn ein Wirkstoff wegen seiner starken Verdünnung in einem Präparat gar nicht mehr nachweisbar ist, darf das Produkt dann trotzdem mit diesem Wirkstoff beworben werden? Das Landgericht Darmstadt findet: Ja! Und das ist kurios. Doch beim Thema Homöopathie scheiden sich ohnehin die Geister.
Mit seinem Urteil hat das LG Darmstadt die Unterlassungsklage eines Vereins, zu dem etliche Industrie- und Handelskammern sowie viele Apothekerkammern und Pharmaunternehmen gehören, abgewiesen.
Der Verein hatte beantragt, dass der Hersteller das Produkt "HCG C30 Globuli" unter dieser Bezeichnung nicht bewerben oder in den Verkehr bringen darf. Ein gerichtliches Verbot wurde angestrebt (Urteil vom 30.01.2020, Az. 15 O 25/19). Doch die Richter entschieden zugunsten des Produzenten.
Dabei klingen die Argumente des Vereins gar nicht so abwegig: Dort ist man nämlich der Meinung, "dass sich das Schwangerschaftshormon HCG gar nicht in den Produkten des Herstellers befinde und somit Verbraucher in die Irre führe. Die Präparate bestünden ausschließlich aus Zucker", heißt es beim Rechtsmagazin "Legal Tribune Online".
Doch dem widersprach der Hersteller: In der Dosierung C30 enthalte das Präparat sehr wohl HCG, es wurde gemäß dem Homöopathischen Arzneimittelhandbuch hergestellt. Bei der Dosierung C30 werde der Ausgangsstoff sehr stark verdünnt - weshalb er wohl auch nicht mehr nachweisbar ist, aber noch immer drin!
In der Entscheidung des LG Darmstadt heißt es: "Dass der Ausgangsstoff bei der Dosierung aufgrund der extremen Verdünnung mit den bisher bekannten wissenschaftlichen Methoden nicht mehr nachweisbar ist, führt nicht dazu, dass angenommen werden kann, dass der Stoff tatsächlich nicht in dem homöopathischen Medikament enthalten ist."
Zielgruppe weiß, worauf sie sich einlässt
Das Gericht findet auch nicht, dass die Leute, die diese Globuli nehmen, in die Irre geführt werden. Schließlich ist ihnen klar, das homöopathische Arzneimittel geringer dosiert sind als klassische schulmedizinische Medikamente.
Viele Schulmediziner halten Homöopathie sowieso für wirkungslosen Unfug: Die Kügelchen würden zu hundert Prozent aus Zucker bestehen und ihre "Wirkung" auf den Placeboeffekt zurückzuführen sein.
"Dieser Personenkreis wird von der Werbung der Beklagten nicht angesprochen, da klar erkennbar ist, dass ein homöopathisches Arzneimittel vertrieben wird", so die Darmstädter Richter.
Hätten sie im Sinne des Vereins entschieden, könnte das ein Verbot vieler homöopathischer Mittel nach sich ziehen, weil bei Homöopathie nun einmal bedeutet, dass Inhaltsstoffe in diesen Heilmitteln nur in hoher, zum Teil kaum messbarer Verdünnung vorkommen.
"Ein solches faktisches Verbot dürfte sicherlich nicht im Sinne der Verbraucher sein, die - aus welchen Gründen auch immer - von einer gewissen Möglichkeit der Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, auch in der Verdünnung C30, ausgehen", hieß es im Urteil.
Was sind HCG C30 Globuli?
Bei HCG handelt es sich um ein Schwangerschaftshormon. Es steht für "humanes Choriongonadotropin. Das ist ein Hormon, welches der Mutterkuchen während der Schwangerschaft produziert, um deren Fortbestehen zu unterstützen", erklärt die "Apotheken Umschau".
Bei der so genannten HCG-Diät spritzen sich Abnehmwillige dieses Hormon ein oder nehmen es als Präparat (hier kommen die HCG C30 Globuli ins Spiel) oral ein. Bis zu drei Wochen liegt die tägliche Energiezufuhr bei maximal 500 Kalorien. Und das ist echt wenig! Zum Vergleich: Frauen brauchen pro Tag 1800 bis 2000 Kalorien, Männer zwischen 2300 und 2500 Kalorien.
Verwunderlich: Bis heute gibt es keinen medizinischen Beweis dafür, dass HGC beim Abnehmen hilft. Viel logischer ist da, dass Menschen, die jeden Tag so wenig essen, automatisch Gewicht verlieren. Allerdings droht bei so wenigen Kalorien schnell eine Mangelversorgung mit Vitaminen sowie Nähr- und Mineralstoffen.
Fazit: Keine geeignete Abnehm-Methode! Und der Jo-Jo-Effekt steht quasi schon in den Startlöchern.
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