Ganz neuer Ansatz für bekanntes Problem: So kriegst Du Dein Fett wirklich weg!
Dresden - Rund 62 Prozent der Männer und 47 Prozent der Frauen gelten hierzulande als übergewichtig. Viele buckeln schon seit Kindesbeinen zu viele Pfunde mit sich herum. Jetzt kommt's ganz dicke: Im Kampf gegen unliebsame Fettpölsterchen tritt ein neuer edler Kämpfer in die Arena. Sein Name: braunes Fett. Ein Wissenschaftler erklärt, wie man ausgerechnet mit trainierten Fettzellen sein Fett wegbekommen kann und wie einfach sich Kalorien in Wärme verwandeln lassen.
Wer abnehmen will, muss Fette meiden wie der Teufel das Weihwasser. Das galt bisher. Jetzt belegt Prof. Alexander Bartelt (38): "Fett kann sogar beim Abnehmen helfen!" Das Erfolgsrezept liegt im Geheimnis um das braune Fett. Der Fettversteher hat den Mechanismus enttarnt und erklärt, wie man ihn clever zum Abnehmen nutzen kann.
"Der Mensch ist von Natur aus ein fettes Wesen mit einem Fettstoffwechsel vergleichbar mit Schweinen, Elefanten oder winterschlafenden Hamstern", erklärt Prof. Bartelt. "Es gibt viele verschiedene Fette in unserem Körper, sogar Sexualhormone bestehen aus Fetten. Doch meist betrachten wir nur das Fettgewebe, das wir als Problemzonen im Spiegel sehen können."
Männer haben einen natürlichen Körperfettanteil von 15 Prozent, bei Frauen sind es 25 Prozent. Wenn der Fettwert steigt, wird's ungesund. Es drohen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atherosklerose und Diabetes.
Doch ausgerechnet Fett kann auch dabei helfen, dass wir unser Fett wegbekommen - und zwar das sogenannte braune Fett. Es wurde zufällig bei Röntgenaufnahmen von Krebspatienten im Schulter- und Halsbereich als symmetrische Muster entdeckt - vor allem im Winter.
Genauere Untersuchungen ergaben: Die bräunliche Farbe kommt von der erhöhten Anzahl eisenhaltiger Mitochondrien, den "Kraftwerken der Zelle".
Abnehmen mit Kälte? So geht's!
Braunes Fett wird durch Kältereize aktiviert. Es ist im Winter aktiver als im Sommer. Deshalb haben Menschen in Schweden und Sibirien auch mehr braunes Fett als zum Beispiel Italiener in warmen Gefilden am Mittelmeer.
Das Besondere: Braunes Fett produziert Wärme, damit wir unsere Körpertemperatur halten können - und das, indem Fett verbrannt und damit unsere Fettpolster abgeschmolzen werden.
Es kann so einfach sein: Abnehmen durch Kältereize? "Genau das funktioniert durch die Aktivierung von braunem Fett", sagt Prof. Bartelt. "Es lässt sich zudem durch einen thermogenen Lebensstil trainieren.
Das bedeutet, öfter mal seine Temperatur-Wohlfühlzone zu verlassen, ohne frieren zu müssen - einen Spaziergang im Kühlen unternehmen, die Heizung von 24 auf 20 Grad herunterdrehen, kalt duschen oder beim Fernsehen auf der Couch einen Fuß in Eiswasser halten." Es gibt sogar schon kühlende Kleidung, die braunes Fett aktivieren kann.
Auch scharfes Essen stimuliert das braune Fett, wenn uns durch den Schärfereiz förmlich heiß wird. Feurige Paprika und Pfeffer aktivieren die Rezeptoren, die braunes Fett kontrollieren. Auch Pflanzenstoffe in Kaffee, Medizin gegen Inkontinenz und sogar Viagra-Pillen stimulieren quasi als "Nebenwirkung" die braunen Fettzellen.
Der Fettversteher bestätigt: "Abnehmen könnte so einfach sein."
Man unterscheidet zwischen weißem und braunem Fett
Das braune Fett wurde schon im 16. Jahrhundert entdeckt, als "weder Fett noch Fleisch" bezeichnet. Die Erkenntnisse verharrten jedoch fast 400 Jahre in einem Dornröschenschlaf und man studierte nur an Nagetieren und Winterschläfern. Heute ist nachgewiesen: Auch Menschen haben braune Fettzellen.
Sie sind im Körperinneren um die Schlüsselbeine herum, um Blutgefäße im Halsbereich sowie in den symmetrischen Muskeln der Wirbelsäule zu finden. Braune Fettzellen sind super effektiv, obwohl sie nur 150 Gramm Körpermasse ausmachen - also etwa so viel wie ein kleines Steak. Doch sie können quasi nebenbei jährlich ein Kilo Fett verbrennen.
Das wohlbekannte weiße Fett soll eigentlich Organe und Gelenke wie eine Luftpolsterfolie schützen. Deshalb hat jeder von uns Fettzellen. Doch nicht bei jedem sind sie randvoll gefüllt. "Eine weiße Fettzelle kann sich wie ein Ballon bis zu 20-fach vergrößern, ist dann mit einem Millimeter Durchmesser sogar schon mit bloßem Auge sichtbar", erklärt Prof. Bartelt.
Durch Fettabsaugung können diese Zellen zwar entfernt werden, bilden sich aber neu.
Schlank ohne Diät: Auch so geht's
Intervallfasten: Eine Fastenzeit am Tag lässt die Pfunde purzeln. Am beliebtesten ist das 16/8-Intervall. Dabei darf in einem Zeitfenster von acht Stunden am Tag gegessen werden, die restlichen 16 Stunden aber nicht. Die Mini-Fastenzeit darf man beliebig in den Tagesablauf schieben. Prof. Bartelt verzichtet zum Beispiel aufs Frühstücken, isst nur mittags und abends.
Ausreichend schlafen: Schlafmangel begünstigt die Aufnahme von Hochkalorischem. Sieben Stunden Schlaf verdoppeln das Abnehm-Tempo, denn nachts läuft der Stoffwechsel auf Hochtouren. Dabei wird vor allem Fett verbrannt.
Schwitzen: Wer beim Fitnesstraining eine Intensivphase einlegt, schmilzt sein Fett besonders effektiv weg - zum Beispiel bei einem schweißtreibenden Steigerungsbooster auf dem Laufband. Tipp: Outdoor-Sport verbrennt bis zu 30 Prozent mehr Kalorien als im Fitness-Studio.
Viel trinken: Wer einen halben Liter Wasser in einem Zug trinkt, steigert den Energieumsatz seines Körpers um 30 Prozent - und für etwa 90 Minuten.
Einfach warten: Wenn sich der kleine Hunger meldet, noch 15 Minuten mit dem Essen abwarten. Während dieser Zeit bildet sich das Fatburner-Hormon Glucagon.
Akupressur: Daumen und Mittelfinger dreimal kurz zusammenpressen lässt Heißhunger vergehen.
So gelingt Abnehmen ohne Jo-Jo-Effekt
"Achte darauf, energiereduzierter zu essen, also beispielsweise die zwei Marmeladenbrötchen zum Frühstück schrittweise einzuschränken", rät Dr. Birgit Brendel (57), Referentin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Sachsen. FDH nennt das der Volksmund, "Friss die Hälfte". "Schon kleine Reduzierungen zeigen übrigens gute Effekte", verspricht die Ernährungsfachkraft.
Weiße Brötchen lassen sich durch Vollkornbrötchen ersetzen, auch Knäckebrot mit gekörntem Frischkäse wäre ebenso eine Kompensation wie ungezuckerter Getreidebrei. "Weil der zudem ballaststoffreich ist, hält das Sättigungsgefühl länger an."
Außerdem viel Obst essen, Frisches selber kochen. "Auch Gemüse ist energiearm, füllt aber gut den Magen", erklärt Dr. Brendel. Mittags eine große Portion Fleisch mit wenig Gemüse und wenig Kartoffeln essen? Besser genau umgekehrt oder mal etwas Vegetarisches probieren.
Beim Braten oder Dünsten nicht mit der Ölflasche gießen, sondern exakt einen Teelöffel abmessen. Die nicht nur bei Jüngeren beliebten Smoothies sind Kalorienbomben - mit Wasser verdünnen!
Wenn alles nicht funktioniert, hilft nur Genuss: bewusst das Geschmackserlebnis zelebrieren, wenn man sich ein Stück Schokolade im Mund zergehen lässt.
Das ist der Experte Prof. Dr. Alexander Bartelt
Prof. Dr. Alexander Bartelt ist Biochemiker und Professor für kardiovaskulären Stoffwechsel am Klinikum der Uni München. An der Harvard Universität in den USA forschte er an neuen Wirkmechanismen des Fettgewebes.
Er hat mit seinen Arbeiten zu braunen Fettzellen die Tür zu neuen Therapien gegen Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen aufgestoßen.
Titelfoto: Montage: imago images/Panthermedia (2)