Eltern sollen Sohn (†37) nach Germanwings-Absturz identifizieren: "Meine Hand hat derart gezittert"

Leipzig - Im März jährt sich die tragische Germanwings-Katastrophe mit 150 Toten zum zehnten Mal. In einer neuen Doku spricht unter anderem das Ehepaar Brigitte (71) und Wolfgang Voß (70), das seinen Sohn Jens (†37) verlor.

Helfer suchen an der Absturzstelle nach persönlichen Gegenständen und menschlichen Überresten.  © EPA/YOAN VALAT/dpa

"Wir befinden uns mitten in einer Katastrophe und natürlich spielt da die eigene Betroffenheit eine große Rolle", sagt Bergretter Benjamin Roux über die Suchmaßnahmen in der WDR-Doku "Der Germanwings-Absturz - Chronologie eines Verbrechens".

Und weiter: "Trotzdem wird von uns erwartet, unsere Pflicht zu tun: Den Familien die menschlichen Überreste ihrer Angehörigen zurückzugeben - oder zumindest das, was wir noch finden konnten."

Mittels DNA-Proben werden die 150 Insassen des am 24. März 2015 abgestürzten Airbus A320 identifiziert. Das übernimmt unter anderem Céline Burnouf, Polizistin in Seyne-les-Alpes, die auch Deutsch spricht.

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"Ich weiß noch, dass ich mir die selber abnehmen sollte, mit dem Wattetupfer. Aber meine Hand hat derart gezittert, dass ich das gar nicht konnte", erzählt Brigitte Voß. "Das war ganz schlimm, dass unser Jens aufgrund des Willens eines Einzelnen sterben musste, dass er quasi ermordet wurde."

Der 37-jährige Sohn des Leipziger Ehepaares war Sales Manager in Düsseldorf, war wie 144 andere Fluggäste auf dem Weg von Barcelona in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt, in der er nie ankommen sollte.

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In der Nähe der Absturzstelle legten die Hinterbliebenen Blumen ab.  © EPA/GUILLAUME HORCAJUELO/dpa

Germanwings-Absturz: Ermittler finden Medikamente, Krankschreibungen und eine Patientenverfügung

Beendete nicht nur sein eigenes, sondern auch das Leben 149 Unschuldiger: Co-Pilot Andreas Lubitz (†27).  © FOTO TEAM MUELLER/AFP

Sowohl ihr Sohn als auch der Selbstmörder Andreas Lubitz (†27) waren begeisterte Läufer, wohnten sogar nur etwa einen Kilometer entfernt voneinander. "Da könnte man sich vorstellen, dass sie sich bei einer Veranstaltung mal über den Weg gelaufen sind, haben vielleicht sogar miteinander geredet. Und dann bringt einer den anderen um", ist Wolfgang Voß noch immer fassungslos.

Co-Pilot Lubitz, der den perfekten Moment abpasste, sich ins Cockpit einzuschließen und die Germanwings-Maschine 9525 kontrolliert in den französischen Alpen abstürzen zu lassen, sei seit seiner Kindheit ein Luftfahrtnarr gewesen, wollte unbedingt Verkehrsflugzeuge steuern.

Sein Arbeitgeber, die Lufthansa, ist branchenintern bekannt, nur die allerbesten und geeignetsten Kandidaten auszuwählen. Das traf auch auf den Abiturienten zu.

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Allerdings gab es einige Alarmzeichen, wie eine depressive Phase kurz nach Beginn seiner Pilotenausbildung im Herbst 2008. Diese war mit dem Wegzug aus seinem Elternhaus in Verbindung zu bringen.

In seiner Düsseldorfer Wohnung wurden schließlich Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen, Krankschreibungen und eine am Vortag des Absturzes ausgefüllte Patientenverfügung gefunden.

Streaming-Hinweis: Die vierteilige Doku "Der Germanwings-Absturz - Chronologie eines Verbrechens" steht ab sofort exklusiv in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.

Ermittler durchsuchten zwei Tage nach dem Absturz das Elternhaus des Todespiloten.  © Fredrik von Erichsen/dpa

Normalerweise berichtet TAG24 nicht über (erweiterte) Suizide. Da der Fall aber von großem öffentlichen Interesse war und ist, hat sich die Redaktion entschieden, ihn doch zu thematisieren.

Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

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