Juliane stirbt bei Germanwings-Absturz: "Letzten zwölf Minuten meiner Tochter werden verheimlicht"

Prads-Haute-Bléone (Frankreich)/Halle (Saale) - Vor nahezu exakt zehn Jahren verlieren Frank Noack und seine Frau Jana die gemeinsame Tochter Juliane beim bis heute nicht lückenlos aufgeklärten Germanwings-Absturz. Noch immer beschäftigen die Angehörigen der 150 Toten Fragen, noch immer scheinen Behörden zu mauern. Nur warum?

Frank Noack verlor bei dem Absturz seine schwangere Tochter Juliane.  © Sky/The Thursday Company

"Ich hab das im Radio gehört und mir gedacht: Die armen Leute, was alles so passiert, das ist schlimm", erzählt Frank Noack in der neuen Sky-Doku "Germanwings - Was geschah an Bord von Flug 9525". Eine Verbindung zu seiner Tochter habe er da noch nicht hergestellt.

Seine Frau Jana ruft ihren Mann an, er solle sich bei ihr melden, wenn er zu Hause in Halle an der Saale ist. Dort schaltet er den Fernseher ein, sieht in den Nachrichten einen Bericht des Absturzes. "Ich habe eine Grafik gesehen, wie ein Flugzeug eine Kurve fliegt, zerschellt und in dem Augenblick war mir klar: Da war Juliane mit drin, sie ist tot", sagt er, bevor ihm die Tränen in die Augen schießen.

Erst nach dem TV-Bericht spricht er mit seiner Frau, die ihm das erzählt, was er bereits weiß. "Wir haben uns auf die Couch gesetzt und angestarrt - das war's." Den Fernseher haben sie danach ausgelassen. "Wir haben das nicht ertragen, wir wollten das nicht sehen."

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Besonders tragisch: Die Noacks haben nicht nur ihre Tochter verloren, sondern werden auch ihr ungeborenes Enkelkind nie kennenlernen dürfen.

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Frank Noack "erbost" über Pressekonferenz vom Vater des verstorbenen Co-Piloten Andreas Lubitz

In einem Simulator wurde der Absturz immer wieder nachgestellt.  © Sky/The Thursday Company

Dass nur zwei Tage später durch den zuständigen französischen Staatsanwalt ein erweiterter Suizid des Co-Piloten Andreas Lubitz (†27) als Ursache bestätigt wurde, sei für die Familie "unvorstellbar" gewesen.

Frank Noack war es wichtig, mit einem der Menschen zu sprechen, die an der Absturzstelle gearbeitet haben. "Ich war in Gedanken oft bei denen, welche schreckliche Erfahrung die machen mussten, in diesem Dreck rumzuwühlen, nach menschlichen Überresten zu suchen und die dann zu katalogisieren." Ein Gespräch wurde ermöglicht.

Wieder ringt der hinterbliebene Vater mit den Worten: "Der Mann hat sich bei mir bedankt, hat geweint. Das war ein schöner, aber schwerer Augenblick."

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Weniger schön war für ihn die Pressekonferenz am zweiten Jahrestag der Tragödie, von der es neben dem nicht zu 100 Prozent gesicherten erweiterten Suizid des Co-Piloten, der möglicherweise 149 weitere Menschen mit in den Tod riss, auch andere Theorien gibt.

Noack sei "erbost" gewesen, wie Günter Lubitz versucht habe, seinen Sohn zu schützen - was man an dessen Stelle aber durchaus nachvollziehen kann.

Germanwings-Absturz: Warum wurden alle Datenträger bewusst gelöscht?

Die Absturzstelle am 15. März 2015. Laut einem Augenzeugen habe der Berg das Flugzeug verschluckt, es sei "nur Konfetti" übrig geblieben.  © Sky/The Thursday Company

Bis heute gibt es für die unzähligen Hinterbliebenen keine Antworten auf viele offene Fragen. Wieso wurden die Datenträger in Handys und Kameras angeblich fachmännisch gelöscht? Wieso behaupten die Behörden gegenüber den Trauernden aber gleichzeitig, dass diese beim Absturz zerstört wurden?

Gab es, wie in einigen anderen Theorien beschrieben, einen Defekt an der Cockpittür und war Lubitz allein im Cockpit bewusstlos, wollte das Flugzeug also nicht absichtlich abstürzen lassen? Von einem solchen Defekt habe die deutsche Staatsanwaltschaft "keine Kenntnis", wie sie in der Doku bestätigt.

Zwar könne Frank Noack auch heute noch klagen, aber er habe den Glauben verloren, dass daraus etwas entstehen könnte. "Dafür wird viel zu sehr gemauert. Die letzten zwölf Minuten meiner Tochter werden verheimlicht. Ich fühle mich betrogen."

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Trailer zur Sky-Doku "Germanwings - Was geschah an Bord von Flug 9525?"

Die dreiteilige Doku "Germanwings - Was geschah an Bord von Flug 9525?" ist ab 14. März exklusiv bei Sky und auf dem Streamingdienst WOW zu sehen.

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