Inferno vor Kunstflug-Show: Jet stürzt auf Auto, Fünfjährige stirbt, Pilot (35) von Schuld-Gefühlen geplagt
Turin (Italien) - Dieses Unglück erschüttert Italien. Am Samstag zerschellte ein Jet der italienischen Kunstflugstaffel "Frecce Tricolori" am Flughafen von Turin, begrub das Auto einer vierköpfigen Familie unter sich. Ein kleines Mädchen starb bei dem Inferno, ihre Eltern und der Bruder wurden verletzt. Nun droht der Pilot am Geschehen zu zerbrechen, auch wenn er das Unglück wohl nicht verhindern konnte.
Sie wollten die Jets der "Frecce Tricolori" beim Starten sehen, doch ein gewaltiger Feuerball ließ den Familienausflug in einer schrecklichen Tragödie enden.
Am Samstag fuhr Fahrlehrer Paolo Origliasso (49) mit seiner Frau Veronica (41) und den beiden Kindern (12, 5) zum Flughafen Turin-Caselle. Vom Zaun am nördlichen Ende der Startbahn kann man gut die vielen Flugzeuge beobachten. Das Wetter war angenehm. Die Kinder genossen den schönen Tag.
Dann passierte es. Als die Origliassos gegen 17 Uhr wieder nach Hause fahren wollten und schon im Auto saßen, gab es einen lautem Knall am Himmel, berichtet die Zeitung "Il Messagero".
Nach ersten Informationen kollidierte Pony 4 - eine Aermacchi MB-339 der italienischen Elite-Kunstflieger - während des Formationsfluges, kurz nach dem Start - mit einem Vogel. Das Triebwerk des kleinen Jets wurde durch den Vogelschlag zerfetzt, Pony 4 ging sofort zum unkontrollierten Sinkflug über. Die anderen Piloten scherten aus der engen Arrow-Formation aus.
Es kam zum Inferno am Boden. Trümmer stürzten auf das Auto von Familie Origliasso - enorme Mengen an Flugzeugkerosin gerieten in Brand.
Mutter Veronica gelang es noch, die Tür aufzureißen und ihren 12-jährigen Sohn aus dem Auto zu ziehen. Beide wurden schwer verletzt.
Vater Paolo versuchte noch verzweifelt die kleine Laura von der Rückbank abzuschnallen, seine Tochter vor den Flammen zu. Doch Laura hatte keine Chance, sie verbrannte vor den Augen ihres verzweifelten Vaters. Das Mädchen wurde nur fünf Jahre alt.
Video: Aermacchi MB-339 stürzt kurz nach Start ab
Pilot fühlt sich für den Tod der kleinen Laura verantwortlich
Inzwischen konnten Paolo und Veronica, trotz entsetzlicher Brandverletzungen, das Krankenhaus verlassen.
Sie wissen, dass sie jetzt für ihr anderes Kind stark sein müssen. Denn der 12-jährige Junge liegt noch immer auf der Intensivstation des Kinderkrankenhauses Regina Margherita, kämpft dort um sein Leben. Seine Eltern weichen nicht von seiner Seite, verharren schon seit zwei Tagen vorm Reanimationsraum, hoffen und beten.
Aber die Prognose der behandelnden Ärzte fiel zunächst "verhalten" aus, berichtet die Zeitung "Corriere della Serra". Zu schrecklich sollen die Verletzungen des 12-Jährigen sein. Von Verbrennungen zweiten Grades an bis zu 30 Prozent seines Körpers ist die Rede.
Inzwischen soll es dem Jungen etwas besser gehen, berichtet aktuell die Nachrichtenagentur ANSA. Die Ärzte wollen ihn schon bald aus dem künstlichen Koma holen.
Staatsanwaltschaft ermittelt: Gab es einen Vogelschlag?
Während die Eltern weiter um ihren Sohn bangen und Lauras Tod wohl erst noch begreifen müssen, wurden neue Details zum Unglück bekannt.
Wie ANSA weiter berichtet, handelt es sich beim Piloten um den 35-jährigen Luftwaffen-Major Oscar Del Dò, einem äußerst erfahrenen Piloten, der schon seit Jahren für die Kunstflugstaffel fliegt. Davor saß er im Cockpit von Eurofightern.
Der 35-Jährige macht sich große Vorwürfe, berichten Vorgesetzte und Kollegen, die ihm im Krankenhaus besuchten. Er wurde bei dem Unglück nur leicht verletzt, konnte seine MB-339 gerade noch rechtzeitig mit dem Schleudersitz verlassen.
Oscar Del Dò gab alles um den Jet von Häusern und Straßen wegzulenken. Der Pilot blieb bis zur letzten Sekunde an Bord, wollte den Jet gezielt auf ein Feld stürzen.
"Ich denke nur an die kleine Laura", sagte er zu Angehörigen seiner Staffel. "Ich bin zutiefst traurig über das, was passiert ist". Dem Vernehmen nach soll Fliegerass Del Dò so gut wie unversehrt gewesen sein, aber psychisch sehr angeschlagen gewirkt haben.
Derweil hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen zur Unglücksursache eingeleitet. Mehrere Zeugen wollen jedoch einen Vogelschlag bemerkt. Auch die Funksprüche des Piloten deuten darauf hin, er meldete in den Sekunden vor dem Unglück einen plötzlichen Leistungsabfall am Triebwerk.
Titelfoto: Montage: MARCO BERTORELLO / AFP, Aeronautica Militare., Instagram/ freccetricoloriofficialpages