Tausende gescheiterte Abschiebungen im Südwesten: Das sind die Gründe
Von Martin Oversohl
Stuttgart - In Baden-Württemberg ist es im vergangenen Jahr in Tausenden Fällen nicht gelungen, Asylbewerber in das zuständige EU-Partnerland zu überstellen.

In all diesen Fällen soll die förmliche Zustimmung des jeweiligen Landes sogar vorgelegen haben. Das geht aus Zahlen des baden-württembergischen Justizministeriums und aus Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
Laut BAMF hatte die Bundesregierung insgesamt in 10.467 Fällen aus Baden-Württemberg um Überstellung in ein EU-Land gebeten, in 6770 Fällen stimmten die Partnerländer zu. Tatsächlich überstellt wurde laut Bundesamt jedoch mit nur 660 Menschen nicht einmal jeder Zehnte.
Bundesweit ist das Verhältnis zwischen Ersuchen, Zustimmungen und Überstellungen ähnlich.
Die Dublin-Verordnung regelt, dass ein anderes EU-Land für einen Asylbewerber zuständig ist, wenn er dort einen Antrag auf Schutz gestellt hat oder zuerst eingereist ist.
Reisen die Flüchtlinge weiter in andere EU-Staaten und stellen dort erst den Asylantrag, muss das Ersteinreiseland die Menschen unter bestimmten Bedingungen zurücknehmen.
Gründe liegen im In- und Ausland

Die Gründe für die schwachen Erfolgsquoten liegen im In- und Ausland. Bekannt ist, dass einige Länder der Rücknahme zwar zustimmen, in der Praxis aber unerfüllbare Bedingungen für die Rücknahme von Dublin-Flüchtlingen stellen und damit die Überstellungen fast unmöglich machen.
Andere Gründe liegen im Inland, etwa wenn die deutschen Behörden die Fälle nicht rechtzeitig bearbeiten oder deutsche Gerichte die Überstellungen verhindern.
Fast 1300 in baden-württembergischer Verantwortung stehende Überstellungen (1281 Fälle) scheiterten laut Ministerium im vergangenen Jahr, weil der abgelehnte Asylbewerber nicht angetroffen wurde.
In mehr als 300 weiteren Fällen ging das BAMF noch mal dazwischen, 124 Asylbewerber tauchten laut Justizministerium unter. Auch freiwillige Ausreisen, rechtliche oder familiäre Gründe sowie Widerstand zählten zu weiteren Gründen.
Titelfoto: Julian Stratenschulte/dpa