Flüchtlinge seilten sich mit Bettlaken ab! Wieso wurde der Ausbruch in Dresden so spät bemerkt?
Dresden - Filmreifer Ausbruch in Dresden: Schon wieder entkamen zwei Männer (30,31) aus der Abschiebehaft an der Hamburger Straße. Anders als drei Flüchtlinge (19, 24, 29) im Januar 2020, die beim Hofgang den inneren und äußeren Zaun überwanden, seilten sich die beiden Algerier in der Nacht zum Sonntag über vergeknotete Bettlaken in die Freiheit ab.
Um 2.14 Uhr und um 2.41 Uhr ließen sich die beiden Männer nacheinander vom Fenster des Gemeinschaftsraumes im ersten Stock an zwei aneinander geknoteten Bettlaken hinunter und überwanden in Sekundenschnelle den drei Meter hohen Zaun mit NATO-Draht.
Sie waren längst über alle Berge, als die drei externen Wachschutz-Mitarbeiter, die für die Bewachung des Außenbereiches zuständig sind, schließlich um 5.10 Uhr die Laken an der Gebäudewand entdeckten. Bei ihrem Rundgang gegen 3.30 Uhr war ihnen nichts aufgefallen...
Schlimmer noch: "Der Alarm durch das Videosystem wurde vom Wachschutz ignoriert", so Regina Kraushaar (59), Präsidentin der Landesdirektion. Angeblich wegen häufiger Fehlalarme.
Die sechs Wachleute der Landesdirektion, die für die Innenräume zuständig sind, hatten ebenfalls nichts bemerkt. Doch das abschließbare Fenster, durch das die Männer entkamen, gibt Rätsel auf.
Die Schlösser waren unbeschädigt - das Fenster offenbar problemlos zu öffnen. So mussten die Männer nur das Lochgitter außen verbiegen, um zu entwischen.
Derzeit zehn abgelehnte Asylbewerber in Abschiebehaft
Es werden Konsequenzen gezogen werden, aber "keine Schnellschüsse", so Kraushaar, die auf die Ermittlungen der Polizei setzt. Möglicherweise wird der im September abgesetzte nächtliche Einschluss der Asylbewerber bald wieder eingeführt. "Wir werden erneut die Sicherheitstechnik und die Abläufe prüfen", so die Präsidentin.
Nach der Flucht der Männer vor drei Jahren waren die Zäune zusätzlich mit NATO-Stacheldraht versehen und weitere Zwischentüren eingebaut worden.
Die Polizei fahndet nun deutschlandweit nach den beiden Algeriern, die erst seit März in Abschiebehaft saßen und von denen der 31-Jährige vorbestraft ist. Beide gelten laut Kraushaar jedoch als ungefährlich.
Hatten die Ausbrecher eventuell Helfer, die etwa beim Fluchtfenster nachgeholfen hatten? "Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verdachts der Gefangenenbefreiung gegen unbekannt", so Polizeisprecher Marko Laske (49).
Derzeit sind zehn abgelehnte Asylbewerber in der Abschiebehaftanstalt in Dresden untergebracht. Insgesamt gibt es 58 Plätze, 34 für den Ausreisegewahrsam und 24 für die Abschiebungshaft.
Titelfoto: Bildmontage: Petra Hornig