Ein Monat feste Grenzkontrollen: So wirkt sich das auf Flüchtlings-Ströme nach Sachsen aus
Sachsen - Lange von den Ländern gefordert, ordnete vor einem Monat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (53, SPD) schließlich auch in Sachsen wieder stationäre Grenzkontrollen zu Tschechien und Polen an - zunächst zeitlich befristet auf zehn, dann auf weitere 20 Tage. Nun wurde die Frist noch mal um 20 Tage verlängert. Erklärtes Ziel: Schleusern das Handwerk legen und illegale Migration stoppen. Doch was bringt die Maßnahme?
Mittwochvormittag am Grenzübergang Reitzenhain (Marienberg). Es regnet, Windböen peitschen. Das Thermometer zeigt sechs Grad. "So ist das Wetter hier fast immer", scherzt Polizeihauptkommissarin Anett Bochmann (40), Sprecherin der Bundespolizeidirektion Chemnitz, die etwa 120 Kilometer Grenze zu Tschechien überwacht.
Dabei meint es die Witterung derzeit noch gut mit den Einsatzkräften. "Sonst hatten wir im November schon lange Schnee und Frost", sagt einer der Beamten, der sich gerade im provisorischen Zelt aufwärmt.
Schon vor Jahren wurden die alten Grenzposten hier und vielerorts in Sachsen zurückgebaut. Das Schengener Abkommen machte sie überflüssig. Nun wären sie sehr willkommen.
Stattdessen sorgen Zelte, Container und mobile Heizgeräte vom Technischen Hilfswerk für den Schutz der Polizisten, die rund um die Uhr im Einsatz sind.
Kontrollen in Nachbarländern sorgen für ruhige Lage an der Grenze
Durch Reitzenhain verläuft die Bundesstraße 174, eine Direktverbindung nach Prag und eine der Hauptrouten, die Schleuser über die Westbalkanroute nutzen.
Bochmann: "Momentan ist es sehr ruhig. Früher haben wir hauptsächlich über Bürgerhinweise aufgegriffen, wenn größere Personengruppen in Ortslagen abgesetzt wurden. Jetzt haben wir kaum noch Hinweise. Das ist auch auf die Kontrollen unserer Nachbarländer zurückzuführen."
So kontrollieren auch Österreich, Tschechien, Polen, Slowenien, die Slowakei und inzwischen auch Serbien, das zuletzt das größte Einfallstor für Flüchtlinge vornehmlich aus Syrien und Afghanistan war.
In Sachsen wurden neben Reitzenhain an den Grenzabschnitten der A4, der A17 und im Bereich Zittau stationäre Kontrollstellen eingerichtet. Die Bereiche dazwischen werden mobil und flexibel überwacht.
Polizei kontrolliert stichprobenartig und nach "Bauchgefühl"
Aber auch an den Grenzposten werde nur stichprobenartig und nach "Bauchgefühl" kontrolliert, indem in Kofferräume geschaut, Transporter gecheckt und Ladungen von Lkw überprüft würden, erklärt Anett Bochmann. Typische Verdächtige gäbe es nicht.
An diesem Tag schaut die Beamtin zum Beispiel bei einem weißen Kleintransporter, einem Citroën Jumpy, genauer hin. Er ist voll besetzt, die Pässe der Insassen sind ganz neu. Über das Fahndungssystem auf Laptop und Diensthandy werden die Dokumente überprüft. "Die Familie ist auf dem Weg von der Ukraine in die Niederlande. Die Pässe sind in Ordnung", gibt Bochmann schließlich Entwarnung.
Eine tschechische Familie hingegen muss 15 Euro Verwarngeld bezahlen, weil die Mutter ihren Ausweis nicht dabeihat. "Dass nichts passiert, ist eher der Alltag", sind sich die Bundespolizisten einig.
Meist gelängen sogenannte Beifänge. "Zum Beispiel das Verbringen von zu viel Dieselkraftstoff, Welpenhandel oder jede Menge Pyrotechnik im Kofferraum", zählt die Hauptkommissarin auf. "Wir hatten auch viele Fahndungstreffer, die wir dann vollstreckt haben."
So wurden allein in der vergangenen Woche 14 Haftbefehle nur am Grenzübergang Reitzenhain vollstreckt.
Titelfoto: Bildmontage: Uwe Meinhold