Angebliche "Flüchtlings-Invasion": Wie ein Video-Fake in Sachsen Hass schürt

Bautzen - In der Flüchtlingskrise werden die sozialen Medien immer mehr zum Schlachtfeld um Wahrheiten. Aktuell sorgt ein Video für Aufregung, das Dutzende Migranten nach dem illegalen Grenzübertritt am Bautzener Stausee zeigen soll. Ein Fake! Die Aufnahmen stammen weder aus Bautzen noch aus Deutschland.

Dieses Video von der ungarisch-serbischen Grenze wurde auf Facebook, TikTok, X (Twitter) und in diversen Telegram-Kanälen zur "Invasion am Bautzener Stausee".
Dieses Video von der ungarisch-serbischen Grenze wurde auf Facebook, TikTok, X (Twitter) und in diversen Telegram-Kanälen zur "Invasion am Bautzener Stausee".  © Screenshot/Facebook

Das Video einer Überwachungskamera trägt den Zeitstempel 26.09.2023, 4.45 Uhr. Zu sehen sind Dutzende Menschen, die an einem Privatgrundstück vorbeirennen.

"Es ist eine Invasion: Hier stürmen dutzende Asylbewerber mitten in der Nacht zum Bautzener Stausee", ist als Video-Beschreibung zu lesen (Original-Orthografie).

Der Post rast seit Tagen durchs Internet - Facebook, TikTok, X (ehemals Twitter), Telegram - begleitet von unzähligen Empörungs-Kommentaren, Kotz-Smileys und teilweise purem Hass.

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Nur: Es ist eine dreiste audiovisuelle Fälschung!

Fake-Video wurde wohl von Rechtsextremen verbreitet

Mitglieder und Sympathisanten der Kleinpartei "Freie Sachsen" bei einer Demo in Berggießhübel. Auf deren Kanälen wurde der Video-Fake nach Kenntnis des Landratsamtes Bautzen auf die Reise geschickt.
Mitglieder und Sympathisanten der Kleinpartei "Freie Sachsen" bei einer Demo in Berggießhübel. Auf deren Kanälen wurde der Video-Fake nach Kenntnis des Landratsamtes Bautzen auf die Reise geschickt.  © Marko Förster

Die Szene wurde nicht in Bautzen, sondern im ungarischen Ásotthalom aufgenommen.

Ein Dorf an der Grenze zu Serbien, die offenbar jede Nacht von Migranten überwunden wird. So schreibt es jedenfalls Bürgermeisterin Renáta Papp in ihrem Facebook-Post vom 26. September und führt das Video als Beleg für ihre Kritik am ungarischen Grenzschutz an.

Wer Papps Video geklaut und zur Bautzen-Story umgebaut hat - dazu hat das hiesige Landratsamt einen Verdacht. "Das Video ist eine Aktion eines bekannten Rechtsextremen, der nach unserer Kenntnis damit auch die Kanäle der 'Freien Sachsen' füttert", erklärt Behördensprecherin Sabine Rötschke auf Anfrage.

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Damit werde eine problematische Situation, die in der ostsächsischen Grenzregion tatsächlich besteht, benutzt, um die Menschen zusätzlich zu verunsichern.

Seit Tagen versucht das Landratsamt, die Sache auf Twitter und Facebook richtigzustellen.

Das Video wurde in Ungarn gedreht, nicht in Bautzen

Cheap-Fake: Wenn Videos lügen

Auf Twitter (X) versucht das Landratsamt Bautzen den Cheap-Fake einzufangen.
Auf Twitter (X) versucht das Landratsamt Bautzen den Cheap-Fake einzufangen.  © Screenshot Twitter (X)

Aus dem Kontext gerissene Videos und Bilder seien in sozialen Netzwerken ein häufig zu beobachtendes Phänomen, sagt Medienpsychologin Prof. Lena Frischlich (40), die an der Ludwig-Maximilians-Universität München zur digitalen Desinformation forscht.

Viele solcher Cheap-Fakes dienten der strategischen Fehlinformation. "Es ist eine Desinformationstaktik", erklärt die Expertin im Gespräch mit TAG24.

Dass ein tatsächlich bestehendes Problem in der sächsischen Grenzregion mit einem Video aus Ungarn gepusht wird, dafür hat die Medienpsychologin eine einfache Erklärung.

"Die sozialen Medien leben von Bildern und Videos - denn Bilder werden neurologisch schneller verarbeitet."

Motivation der Cheap-Fake-Urheber sei es, Klicks und Emotionen zu generieren.

Titelfoto: Montage: Screenshot Facebook, Marko Förster, Screenshot Twitter (X)

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