Feuer in sächsischer Barock-Kirche: Nun droht Einsturzgefahr
Großröhrsdorf (Landkreis Bautzen) - Nachdem in der Nacht zum Freitag ein massives Feuer in der evangelischen Stadtkirche von Großröhrsdorf ausgebrochen ist, konnte die Feuerwehr den Brand inzwischen löschen. Das um 1731 erbaute Gotteshaus brannte völlig aus, droht nun einzustürzen. Noch ist völlig unklar, wie es zum Feuer kam. Anwohner wollen eine laute Detonation vernommen haben. Die Kriminalpolizei ermittelt.
Einer Polizeisprecherin zu Folge hatten Anwohner den Brand am Freitag gegen 2 Uhr gemeldet. Zuvor hätten einige von ihnen von einem lauten Knall gehört.
Als die Einsatzkräfte eintrafen, brannte der Dachstuhl der Großröhrsdorfer Stadtkirche bereits lichterloh. Wenig später griff das Feuer auf den fast 50 Meter hohen Glockenturm über, dann stand das ganze Gotteshaus in Flammen.
Zeitweise waren 105 Kameraden von zehn Wehren im Einsatz, kämpften die ganze Nacht gegen die Flammen. Am Freitagvormittag war das Feuer schließlich gelöscht, hieß es in einer Mitteilung der Feuerwehr. Man sei aber weiterhin vor Ort, habe kleinere Glutnester im Blick.
Die Straßen um die Stadtkirche waren zeitweise großräumig abgesperrt. Ein Übergreifen der Flammen auf angrenzende Gebäude konnte indes verhindert werden.
Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Die Brandursache ist bislang völlig unklar.
Die Kriminalpolizei ist vor Ort, hat die Ermittlungen aufgenommen.
Video zeigt brennende Kirche in der Nacht
Brand von evangelischer Stadtkirche in Großröhrsdorf inzwischen gelöscht
Die rund 250 Jahre alte Stadtkirche brannte bis auf die Grundmauern nieder.
"Die Außenmauern stehen noch, auch ein Teil des Glockenturmes ist noch da", sagte der stellvertretende Wehrleiter der Feuerwehr Großröhrsdorf, Daniel Heinrich, am Morgen.
Zwar gelang es den Einsatzkräften noch einige Wertgegenstände und Kirchenschmuck aus dem brennenden Gotteshaus zu retten. Doch der Schaden ist beträchtlich.
Auch der prachtvolle Kirchenaltar von 1746, eine Replik des Thomaskirch-Altars von Leipzig, fiel dem Feuer zum Opfer. Eine hölzerne Madonnen-Figur aus dem 15. Jahrhundert ist nun ebenfalls für immer verloren.
Die Stadtkirche von Großröhrsdorf galt bis zum Brand als Schmuckstück barocker Architekturkunst. Sie wurde zwischen 1731 und 1736 erbaut.
Das barocke Gebäude-Ensemble samt Friedhof, Wirtschaftshäusern und Park befindet sich auf einer Erhöhung rund 25 Kilometer östlich von Dresden und ist von weithin sichtbar.
Die Feuerwehr war über Stunden gefordert
Bestürzung nach Brand in Stadtkirche
Nach dem Brand hat sich Landrat Udo Witschas (51, CDU) bestürzt gezeigt. "Die Kirche ist einer der wichtigsten identitätsstiftenden Anker in einer Stadt", erklärte der CDU-Politiker am Freitag.
Es müsse alles dafür getan werden, damit die Kirche schnell wieder aufgebaut werden könne. "Dafür werde ich mich starkmachen", kündigte er an.
Staatssekretär Dr. Frank Pfeil traf am Nachmittag in Großröhrsdorf ein. Auch er zeigte sich bestürzt ob der verheerenden Brandschäden. Er sprach den Einsatzkräften seinen Dank für die schwierigen Löscharbeiten aus.
Auch der sächsische Landesbischof Tobias Bilz (59) eilte zum niedergebrannten Gotteshaus, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
"Man hat erstmal den Schock zu verarbeiten. Ich spüre Schmerz, aber auch Kraft. Es bleibt nicht so, wie es ist", sagte der 59-Jährige.
"Es findet sich zu dem Schrecken auch Hoffnung. Im Moment müssen wir die Situation bewältigen", betont Bischof Bilz.
Pfarrer wurde nachts aus dem Schlaf gerissen
Stefan Schwarzenberg (59), der Pfarrer der Barockkirche, erhielt die schreckliche Nachricht über das Feuer in seiner Kirche mitten in der Nacht.
"Es klingelte heute Nacht an meine Tür. Es war eine Nachbarin. Ich bin mit meiner Frau hin und sah die brennende Kirche. Ich dachte 'Herr, erbarme dich'", so der 59-Jährige.
Während vieles durch die Flammen zerstört wurde, konnte zumindest das Kruzifix aus dem brennenden Gebäude gerettet werden.
Auf der Website der Gemeinde zeigt man sich erschüttert: "Voller Bestürzung müssen wir mitteilen, dass unsere Großröhrsdorfer Stadtkirche in der Nacht zum 4. August 2023 durch einen Brand fast vollkommen zerstört wurde", heißt es auf der Seite.
Die geplanten Veranstaltungen sollen aber weiterhin stattfinden. "Gottesdienste werden zu den bekannten Zeiten im Kirchgemeindehaus Großröhrsdorf angeboten", so die Kirchgemeinde.
Gebäude war in einem "vorzüglichen Zustand" - Gemeinde bittet um Spenden für Wiederaufbau
Die barocke Stadtkirche ist laut Landesbischof Bilz saniert und in einem "vorzüglichen Zustand" gewesen. Zuletzt habe man von 2012 bis 2018 das Wahrzeichen der Gemeinde im Landkreis Bautzen aufwändig restauriert.
Wie so viele Dorfkirchen wurde die Stadtkirche zuletzt nur bei hohen Feiertagen und bei Bedarf genutzt. Die Kirchgemeinde verfügt über ein weiteres Gotteshaus im benachbarten Kleinröhrsdorf.
Ob die Kirche noch zu retten ist, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Die Kirchgemeinde hat inzwischen ein Spendenkonto eingerichtet.
Spendenkonto zugunsten der Stadtkirche Großröhrsdorf:
IBAN: DE14 8509 0000 5939 9810 30
Volksbank Großröhrsdorf
Erstmeldung vom 4. August um 12.04 Uhr. Letztes Update um 17.33 Uhr.
Titelfoto: Montage: Steffen Füssel, privat, xcitepress