Ciao, Peter Urban! Kultige Eurovision-Stimme verstummt für immer
Liverpool - Mehr als ein Drittel seines Lebens hat Peter Urban (75) mit dem Eurovision Song Contest (ESC) zugebracht. Am 13. Mai wird er den weltweit größten Musikwettbewerb ein letztes Mal kommentieren. Im großen TAG24-Interview hat er verraten, welche Gedanken er an sein persönliches Finale hat, wer seine Favoriten sind und was er sich für den deutschen Vorentscheid wünscht.
Ein wahrhaftiges Mammut-Programm von 100 Interviews, TV-Shows und Radiosendungen wird Urban hinter sich haben, wenn er sich am Samstag erstmals in seinem Leben auf den Weg nach Liverpool macht, wo der 67. ESC ausgetragen wird.
"Vor dem Abflug hatte ich so viel zu tun, dass ich ans Trauern oder Traurigsein noch gar nicht gedacht habe", sagt er.
Für den erstmals 1997 als Kommentator der Musikshow zu hörenden Urban wird es die 25. Show sein. Und das, obwohl das im April 75 Jahre alt gewordene Nordlicht "in den 70er-, 80er-, 90er-Jahren nicht unbedingt ESC-Fan" war. "Das war eine ganz andere Sorte Musik - oft noch sehr schlagerlastig."
Ihn überzeugte vielmehr der sportliche Charakter, die Spannung und die Tragweite der Jahr für Jahr von rund 200 Millionen TV-Zuschauern mitverfolgten Show. Urban sagte den Job zu. Und wurde zu "Mister Grand Prix".
Der aus dem Landkreis Osnabrück stammende 75-Jährige ist zudem heilfroh, sein ganz persönliches Finale live am Austragungsort erleben zu dürfen. Denn pandemiebedingt kommentierte er 2021 (Rotterdam) und 2022 (Turin) aus Hamburg. "Das ist ja kein Ersatz, die Atmosphäre fehlt. Der ESC ist ein grandioses Ereignis, wenn man vor Ort ist." Urban vergleicht es mit Olympischen Spielen, für die Tausende Menschen aus der ganzen Welt anreisen.
Peter Urban: "Ich bin überzeugt, dass wir nicht auf den hinteren Plätzen landen"
"Ganz sicher" werde er im Laufe der kommenden Woche traurig werden, "weil ich denke: 'Oh, das ist das letzte Mal.' Ich habe mehr als ein Drittel meines Lebens mit dem ESC zugebracht und das hat mir extrem viel Spaß gemacht."
Für Peter Urban ist die zu 100 Prozent selbstbestimmte Entscheidung, die Arbeit als ESC-Kommentator zu beenden, die richtige, wie er selbst sagt. "Es ist besser aufzuhören, wenn noch alles gut im Fluss ist und nicht, wenn sich die Stimmen mehren, dass der alte Zausel oder Sack sich endlich mal vom Acker machen soll."
Dass die Hamburger Band Lord of the Lost bei seinem Karriereende für Deutschland auf der Bühne steht, "hat mich echt gefreut, weil wir mit einer anderen Art Musik an den Start gehen. Mit so einem Beitrag kann man für Aufmerksamkeit sorgen - das war ja immer unser Problem in den vergangenen Jahren."
Besonders nach Lenas Sieg 2010 ("Satellite") sei Deutschland "anonym durchs Feld geschlüpft" - drei letzte und drei vorletzte Platzierungen inklusive.
Auch wenn der Song "Blood & Glitter" "auf keinen Fall meine Lieblingsmusik" ist, ist Urban überzeugt, "dass wir nicht auf den hinteren Plätzen landen, sondern eine Chance auf einen Mittelplatz haben".
Der 75-Jährige rechnet zwar damit, dass der Auftritt in Liverpool im Gegensatz zu dem beim Vorentscheid in Köln "grandioser" werden wird. Allerdings dürfe die Persönlichkeit insbesondere von Sänger Chris Harms (43) nicht verloren gehen.
ESC-Kommentator Peter Urban: "Ich habe überhaupt nichts gegen Ikke Hüftgold"
Abgeschlossen hat Urban mittlerweile auch mit dem Kapitel um seine Kritik an Ikke Hüftgold (46), der beim Vorentscheid den geteilten zweiten Platz belegt hatte. Er habe "überhaupt nichts" gegen den Ballermann-Sänger. "Jeder kann die Musik machen, die er mag oder gut findet."
Zum ESC fahre man als Nation aber lieber mit einem Act, der von vornherein bessere Chancen hat und nicht garantiert auf einem der hinteren Plätze landet, so der 75-Jährige, der dies bei "Lied mit gutem Text" nicht so sah.
Die Vorwürfe Hüftgolds, der NDR habe sich bei Jury- und Zuschauerstimmen verrechnet, empfindet Urban hingegen als "kompletten Unsinn. Einen größeren Blödsinn habe ich noch nie gehört. Das wurde sofort widerlegt mit Statistiken. Wer das anzweifelt, ist nicht gut beraten, sag’ ich mal milde."
Auch zu seinen diesjährigen Favoriten äußerte sich der Kommentator noch. Abgesehen von den hoch gehandelten Schweden (Loreen - "Tattoo") und Finnland (Käärijä - "Cha Cha Cha") würden bei ihm auch Spanien (Blanca Paloma - "Eaea"), die Niederlande (Mia Nicolai & Dion Cooper - "Burning Daylight") sowie Österreich (Teya & Salena - "Who The Hell Is Edgar?") eine Top-Platzierung ergattern.
Im Gegensatz zu den Big-Five-Ländern Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien sowie Gastgeber Ukraine müssen sich alle anderen 31 Teilnehmer in zwei Halbfinals (9. und 11. Mai) für das große Finale (13. Mai) qualifizieren. Peter Urban wird dort ganz genau hinhören und die Zuschauer mit interessanten Facts versorgen. Ein letztes Mal.
Titelfoto: Bildmontage: Bbc/Eurovision/PA Media/dpa, NDR/Uwe Ernst