Eurovision Song Contest 2024: Auf diese Top-Songs müssen wir verzichten
Malmö (Schweden) - Nur noch exakt zwei Wochen, dann startet nach Loreens (40, "Tattoo") Vorjahressieg der 68. Eurovision Song Contest (ESC) im schwedischen Malmö. Bei den Wettanbietern kristallisieren sich bereits die mutmaßlichen Favoriten heraus. Aber zahlreiche tolle Lieder haben es erst gar nicht zum Musik-Event geschafft - leider, wie TAG24-Redakteur Nico Zeißler findet.
Mahmood | "Tuta Gold" | Italien
Wir starten mit Alessandro Mahmoud (31), besser bekannt als Mahmood. Der gebürtige Mailänder gehört schon fast zum italienischen ESC-Inventar, wurde 2019 mit "Soldi" Zweiter hinter dem holländischen Gewinner Duncan Lawrence (30, "Arcade") und holte drei Jahre später im Duett mit Blanco ("Brividi") Platz sechs.
Beim Sanremo-Festival trat er nun nach einjähriger Pause wieder an. Sein rhythmischer Song "Tuta Gold" (deutsch: Goldener Anzug) schaffte es im Vorentscheid nur auf Rang sechs und verpasste die ESC-Teilnahme somit - für mich - überraschend deutlich.
Das Werk handelt unter anderem von seinem Vater, der den heute 31-Jährigen um Änderung des Nachnamens bittet, Prügeleien in der Schule und rassistische Äußerungen ihm gegenüber.
Auf YouTube sammelte das offizielle Musikvideo seit Veröffentlichung am 7. Februar bereits 55 Millionen Aufrufe - und damit 25 Millionen mehr als das Video seines ESC-Final-Auftritts 2019 ("Soldi"). Italiens diesjähriges ESC-Lied "La noia" von Angelina Mango (23) kommt im selben Zeitraum auf "nur" 29 Millionen Aufrufe.
Clara | "Diamanti grezzi" | Italien
Bei Weitem nicht nach Malmö geschafft hat es auch Mahmoods Konkurrentin Clara Soccini (24). Mit bildhübschem Gesicht, toller Ausstrahlung und einer wahnsinnig guten Stimme trällerte sie ihr "Diamanti grezzi" (deutsch: Rohdiamanten).
Im 30 Teilnehmer umfassenden Sanremo-Feld landete sie - unter Buhrufen aus dem Publikum - nur auf Rang 24. Wahrscheinlich, weil sie als Gewinnerin des Nachwuchswettbewerbs "Sanremo Giovani", durch den sie sich fürs große Sanremo-Festival qualifizierte, einen schlechten Stand hatte.
Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr!
Für Italien tritt beim ESC Angelina Mango mit "La noia" an
Ryk | "Oh Boy" | Deutschland
Ein für mich noch immer absolutes Unding ist, dass in Schweden für Deutschland Isaak Guderian (29) antritt. Nicht, weil der gebürtige Mindener schlecht singt - im Gegenteil. Aber sein wenig speziell komponierter Radiosong "Always On The Run" ist einfach nichts, was auf die ESC-Bühne gehört.
Rick Jurthe (34) alias Ryk wäre die viel, viel bessere Wahl gewesen. Ja, die Geschmäcker sind verschieden und ich habe in meiner privaten Playlist auch keine Balladen.
Aber das von einer unerwiderten Liebe zum besten Freund handelnde "Oh Boy" ist von Anfang bis Ende sensationell und speziell, die - für einen ruhigen Song schwierige - Inszenierung beim Vorentscheid war aber schon echt gut und auch das internationale Fanlager hatte Ryk mit deutlichem Vorsprung bei "Das deutsche Finale 2024" vorn gesehen.
Leider stimmten letztlich zu viele Zuschauer, die den ESC mutmaßlich nicht verstanden haben, für Isaak ab, mit dem es laut aktuellen Quoten wieder nur für einen der hinteren Plätze reichen dürfte.
Bodine Monet | "Tears Like Rain" | Deutschland
"Tears Like Rain", also "Tränen wie Regen", dürfte auch Bodine Hilhorst (23) alias Bodine Monet vergossen haben.
Die Niederländerin mit kanadischen Wurzeln trat ebenfalls im deutschen Finale an, ihr nahezu schwereloses Musikstück, dessen Performance an 2013-Gewinnerin Emmelie de Forest ("Only Teardrops") erinnerte, erhielt nur die drittmeisten Jury- und gar nur die sechsmeisten Zuschauer-Stimmen.
Wäre aber vermutlich dennoch im Vergleich zu "Always On The Run" der bessere Song gewesen.
Für Deutschland tritt beim ESC Isaak mit "Always On The Run" an
Jorge González | "Caliente" | Spanien
Muy "Caliente", also "sehr heiß", war es beim spanischen Benidorm Fest mit Jorge González, der übrigens nichts mit unserem "Let's Dance"-Juror zu tun hat.
Vier mit luftigem Oberteil bekleidete Tänzer und der am nackten Oberkörper mit wurzelartigen Aufklebern verzierte 35-Jährige rissen die Halle mit ihrem mit traditionell-spanischen Klängen unterlegten Partysong ab, sorgten für unfassbar - sorry - geile Stimmung. Und danach auch für ein gellendes Pfeifkonzert, als die Jury ihre Punkte verlesen wollte. Das glich einem Aufstand.
Der heiße Jorge schaffte es nicht, dafür Mery Bas (56) und Kollege Mark Dasousa (50) alias Nebulossa mit ihrem anzüglichen Lied "Zorra", in dem es um eine freizügige Frau geht, die ihr Leben genießt - harmlos ausgedrückt.
Sofia Coll | "Here To Stay" | Spanien
Für González' Landsfrau Sofia Coll (25) war beim Benidorm Fest ebenfalls Endstation. Ihr Dance-Track "Here To Stay" (deutsch: Hier, um zu bleiben) war wild, leider aber nicht gut gesungen.
Trotz Outfitwechseln, einer sich drehenden Treppe und einem farbenfrohen Bühnenbild bekam sie insgesamt nur die zweitwenigsten Punkte.
Für Spanien tritt beim ESC Nebulossa mit "Zorra" an
Matt Blxck | "Banana" | Malta
Drei Tänzer mit Affenmasken, der Sänger mit Sonnenbrille und federbehangenen Schultern, der am Ende auf einer Banane reitet. Klingt crazy? Ist absolut crazy!
Matt Blxck aus Malta konnte mit Textzeilen wie "Tiki tiki, taki taki" oder "Short or curvy, I don't care, you can come from anywhere" (deutsch: Klein oder kurvig, ist mir egal, du kannst von überall kommen) vor allem die Televoter überzeugen, holte beim Vorentscheid in dieser Kategorie die Höchstpunktzahl.
Die Jury ließ allerdings für das spätere Gewinnerlied "Loop" von Sarah Bonnici (25) deutlich mehr Punkte springen, wodurch sie sich den Platz im ESC-Halbfinale sicherte.
Greta Tude | "Topic (Bla Bla)" | Malta
Ebenfalls beim maltesischen Vorentscheid "Malta Eurovision Song Contest" trat auch Greta Tude an. Mit ihrem weltoffenen "Topic (Bla Bla)" brachte der Mann in Frauenkleidern (Drag = dressed as girl) vor allem diese Kunstform auf die Bühne.
Mehr als Mittelfeldplatz sieben wurde es für Greta aber nicht. Der Auftritt bleibt aber 100-prozentig im Gedächtnis.
Für Malta tritt beim ESC Sarah Bonnici mit "Loop" an
Justyna Steczkowska | "WITCH-ER Tarohoro" | Polen
Die meiner Meinung nach komplett falsche Entscheidung hat Polen getroffen. Lunas (24) "The Tower" ist vergleichbar mit Isaaks "Always On The Run": ein poppiger Radiosong, der sich weghört.
Deutlich spezieller wäre der Antritt von Justyna Steczkowska (51) geworden. Die Polin, die schon 1995 mit "Sama" am ESC in Dublin teilnahm, bewarb sich mit dem mystischen Hexen-Song "WITCH-ER Tarohoro", der mit einer fesselnden Performance zu den Geheimfavoriten hätte zählen können.
Aber Polen entschied sich intern anders. Und falsch.
Für Polen tritt beim ESC Luna mit "The Tower" an
MYDY | "Red Flag Parade" | Tschechien
Optisch wunderbar umgesetzt war der Auftritt der tschechischen Band MYDY. Ihre mit Trommeln und Triangel unterstützte "Red Flag Parade" ging ins Ohr und blieb im Kopf - allerdings nicht bei allen im Lande.
Sie verlor im tschechischen Finale gegen Siegerin Aiko ("Pedestal"), die mit dem Rock-Track vor allem bei der internationalen Jury exorbitant mehr punktete als der Rest.
Schade für Sängerin Žofie Dařbujánová (29) und ihre Bandmitglieder.
Für Tschechien tritt beim ESC Aiko mit "Pedestal" an
Das ESC-Finale steigt am 11. Mai (21 Uhr/ARD und eurovision.de). Am 7. und 9. Mai (je 21 Uhr/ONE, eurovision.de) finden die beiden Halbfinals statt.
Titelfoto: Bildmontage: Christoph Soeder/dpa ; IMAGO/CTK Photo ; IMAGO/ABACAPRESS