Regisseurin bringt eigenes Buch raus: So habt ihr Pornografie noch nie erlebt!

Leipzig/Berlin - Ein Buch über Pornos, in dem es nicht um schmutzige Geschichten oder die dunkle Kehrseite der Branche geht, sondern um Aufklärung. Geht das? Mit "Pornopositiv" liefert Darstellerin, Regisseurin und Produzentin Paulita Pappel (35) nun die Antwort und bietet einen Blick auf das Phänomen "Porno", wie wir ihn vorher noch nicht kannten. Intelligent, humorvoll und mit jeder Menge Lebensfreude. Das Ziel: Aufzeigen, welches Potenzial in den Filmen steckt. Erstaunlich dabei: Mit welcher Leichtigkeit ihr das gelingt.

Mit 22 Jahren drehte Paulita Pappel (35), so ihr Künstlername, ihren ersten Porno. Inzwischen hat sie sich sowohl als Darstellerin als auch Regisseurin und Unternehmerin einen Namen gemacht.
Mit 22 Jahren drehte Paulita Pappel (35), so ihr Künstlername, ihren ersten Porno. Inzwischen hat sie sich sowohl als Darstellerin als auch Regisseurin und Unternehmerin einen Namen gemacht.  © Ullstein Buchverlage/Lukas Papierak

Spätestens mit ihrem Beitrag im "Neo Magazin Royale" hat sich Paulita Pappel (35) weit über die Grenzen ihres Schaffens hinaus einen Namen gemacht. Unterstützt vom Böhmermann-Team drehte Pappel den ersten "gebührenfinanzierten Porno", wie es während der Show hieß. Auch in diesem Fall war das Ziel, aufzuzeigen, dass Pornos mehr sein können als nur die schmutzigen, kleinen Filmchen, für die viele sie halten.

"FFMM straight / queer doggy BJ ORAL orgasm squirting ROYALE (gebührenfinanziert)", so der Name des Böhmermann-Films ist ein ethisch-korrekter, queer-feministischer Porno, der sogar Bildung ermöglicht, indem er die richtige Verwendung von Verhütungsmitteln aufzeigt.

Paulita Pappel stammt aus Spanien, wo sie bereits früh mit den Normen einer mehrheitlich katholischen Gesellschaft aneinandergeriet. Schon im Alter von zehn Jahren soll sie als "puta" (Deutsch: Schlampe) bezeichnet worden sein, weil sie einen Jungen geküsst hatte, erinnert sie sich in "Pornopositiv". Mit 18 Jahren, direkt nach ihrem Abitur, zog sie nach Berlin, wo sie noch während des Studiums ihren ersten Porno drehte.

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Seitdem stand Pappel für verschiedene Projekte vor und hinter der Kamera. 2016 gründete sie die kostenpflichtige Porno-Plattform "Lustery.com", auf der Paare eigene Filmaufnahmen hochladen können. 2020 folgte die Hardcore-Plattform "Hardwerk". Sie ist Mitorganisatorin des Pornfilmfestivals Berlin und wirkt als Intimitätskoordinatorin bei Serien- und Filmproduktionen mit.

"Pornopositiv": Warum wir Pornos nicht verurteilen sollten

Mit "Pornopositiv" veröffentlicht Pappel nun ihr erstes Buch. Darin geht es nicht um Pornos im Speziellen oder die Industrie. Vielmehr möchte Pappel eine positivere Wahrnehmung schaffen, um das Potenzial der erotischen Filme zu entfalten.
Mit "Pornopositiv" veröffentlicht Pappel nun ihr erstes Buch. Darin geht es nicht um Pornos im Speziellen oder die Industrie. Vielmehr möchte Pappel eine positivere Wahrnehmung schaffen, um das Potenzial der erotischen Filme zu entfalten.  © Montage: Ullstein Buchverlage + Ullstein Buchverlage/Lukas Papierak

Mit "Pornopositiv" folgt nun der Sprung in die Literatur. Dabei hinterfragt Pappel unsere Wahrnehmung von Pornografie. Der öffentlichen Meinung über die Branche stellt sie eigene Erfahrungen und Fakten gegenüber. Der Kritik an den Filmen - Pornos seien sexistisch, würden sexualisierte Gewalt darstellen oder fördern beispielsweise - geht sie durch feministisches Denken auf den Grund und enthüllt dabei immer wieder gesellschaftliche und strukturelle Probleme.

"Sexuelle Misshandlung und Ausbeutung sind leider verbreitete Realitäten in unserer Gesellschaft. In meiner Erfahrung sind sie am Pornoset jedoch nicht üblicher als im Privatleben oder anderen Branchen", heißt es da gleich zu Beginn.

Und an anderer Stelle: "Wenn manche pornografischen Filme sexistische Bilder reproduzieren, dann ist das ein Spiegel einer sexistischen Gesellschaft. Wenn es in der Pornoindustrie schlechte Praktiken gegeben hat und manche Frauen misshandelt wurden, dann ist das ein weiteres Symptom von gesellschaftlicher Ungleichheit und systematischer Gewalt. Indem wir das Produkt als Ursache anstatt als Konsequenz betrachten, lenken wir den Blick vom eigentlichen Problem und kommen einer Lösung nicht näher".

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"Pornopositiv" dreht sich jedoch nicht nur um Pornografie im Speziellen. Pappel spricht zahlreiche Punkte an, die unsere Beziehungen und unseren Sex beeinflussen. Die Annahme, über die eigenen Bedürfnisse zu reden sei in einer Beziehung unromantisch und der perfekte Partner wisse das alles ohnehin ohne Worte, wird schnell als unrealistisches Märchen abgetan.

Autorin Paulita Pappel: "Heranwachsende sind neugierig"

Pornos könnten unter anderem pädagogisch wertvoll sein, argumentiert Pappel. Dazu müssten zunächst jedoch Tabus überwunden werden.
Pornos könnten unter anderem pädagogisch wertvoll sein, argumentiert Pappel. Dazu müssten zunächst jedoch Tabus überwunden werden.  © Ullstein Buchverlage/Kasia Zacharko

Beeindruckend ist dabei, mit welcher Leichtigkeit dies alles geschieht. Statt vorzuwerfen und zu klagen, richtet Pappel den Blick nach vorn und zeigt auf, wie Pornos helfen können, gesellschaftliche Probleme zu lösen und Strukturen aufzubrechen.

So könnten Pornos nicht nur ethisch, feministisch divers oder kunstvoll sein, sondern auch lehrreich, wenn man die Scham vor ihnen ablegt und eine bessere Medienkompetenz schafft. Einem Bericht von "follow me.reports" zufolge liegt das Durchschnittsalter bei erstem Pornokonsum in Deutschland bei 14,2 Jahren. Pappel schreibt, dass Jugendliche ohnehin Pornos schauen würden. "Heranwachsende sind neugierig."

"Würden wir das Tabu aufbrechen und den Begriff von Pornografie erweitern, dann könnten wir zum Beispiel altersgerechte, explizite, pädagogisch wertvolle Videos machen, wo Nacktheit und explizite Sexakte gezeigt werden, um den Wissensdurst der Jugend zu stillen und positive Vorbilder zu generieren", schreibt sie.

Doch nicht nur für Jugendliche, auch für Erwachsene könnten die erotischen Filme eine Bereicherung sein. "Wenn ich gefragt werde, was ich aus meiner Erfahrung als Pornodarstellerin für mein privates Leben gelernt habe, ist die Antwort: Kommunikation und meine eigene Lust zu entdecken", so Pappel. Punkte, bei denen wir und unsere Gesellschaft noch einiges an Nachholbedarf haben.

"Pornopositiv - Was Pornografie mit Feminismus, Selbstbestimmung und gutem Sex zu tun hat" ist ab dem heutigen Donnerstag im Verlag ullstein extra erhältlich.

Titelfoto: Montage: Ullstein Buchverlage + Ullstein Buchverlage/Lukas Papierak

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