Hochwasser und Carolabrücke sind neue Tourismus-Magneten!
Dresden - Bei spätsommerlichem Wetter zieht es viele Touristen und Einheimische in die Altstadt. Ihnen geht es aber nicht etwa um Frauenkirche oder Residenzschloss. Mittlerweile haben sich die Trümmer der Carolabrücke und das Hochwasser zu wahren Publikumsmagneten entwickelt.
Drei junge Männer stehen schulterzuckend in einer der Pfeilerkanzeln der Augustusbrücke, schauen mit ihren tief hängenden Sonnenbrillen über den Fluss. "Das haben wir nicht erwartet", erklärt Mario (32).
Der Tourist aus La Serena (Chile) ist mit zwei Freunden in Deutschland unterwegs, macht für ein paar Tage Halt in Dresden. "Was ist bloß aus der deutschen Ingenieurskunst geworden?", fragt Kumpel Francisco (32).
"Ich bin für die Arbeit immer über die Carolabrücke gefahren", erklärt Henry (23), der dieses Mal wegen des Hochwassers über die Augustusbrücke gekommen ist.
Nicht weit entfernt stehen zwei Seniorinnen. "Das ist ein grausamer Anblick, erinnert mich an das Hochwasser von 2002", sagt die eine.
Ihre Begleitung schimpft: "Ich habe immer noch einen Kloß im Hals. Das sollte politische Konsequenzen für jemanden haben."
Brücken-Trümmer liegen im Hochwasser: Dolce Vita auf der Brühlschen Terrasse
Einen klareren Blick auf die Dinge haben Dana Helbig (47) und Ivonne Berndt (48). Die beiden Freundinnen kommen aus Dresden, hatten zum Zeitpunkt des Einsturzes sogar Schichtdienst.
"Ich bilde mir ein, damals aus der Ferne sogar etwas gehört zu haben", erinnert sich Ivonne. Die beiden besichtigen zum ersten Mal gemeinsam die zusammengekrachte Brücke. "Ich würde mir wünschen, dass die Medien hier noch energischer nachhaken und der Ursache nachgehen", sagt Dana.
Auf der Brühlschen Terrasse geht das Leben weiter. "Dolce Vita", könnte man sagen. Die Leute sitzen auf den Bänken, schlecken Eis, lassen sich die Sonne auf die Haut scheinen.
Auf der Dachterrasse eines bekannten Restaurants genießen die Gäste hausgebrautes Pilsner und sächsische Hausmannskost - bei bestem Blick auf Dresdens neue Riesen-Baustelle.
Nele Müller (26) aus Baden-Württemberg ist beeindruckt: "Ich bin überrascht, wie entspannt die Leute hier damit umgehen. Das ist stark." Sie selbst findet den Einsturz "nach wie vor surreal", hat vergangene Woche in den Abendnachrichten von der Katastrophe erfahren. "Man kann wirklich von Glück reden, dass niemand zu Schaden gekommen ist."
Titelfoto: Bildmontage: Thomas Türpe