Dresden - "KRAWWUUUMMM": Jederzeit könnte jetzt auch noch die übrig gebliebene Carolabrücke zusammenkrachen. "Die Stadt sollte sofort mit dem Abbruch des akut einsturzgefährdeten Brückenzuges A beginnen. Da Gefahr im Verzug besteht, ist auch kein aufwendiges Ausschreibungsverfahren nötig", mahnt Dresdens führender Brücken-Experte Steffen Marx (55), der auch das Rathaus berät. Worauf wartet OB Dirk Hilbert (53, FDP) noch?
TU-Professor Marx fordert die Stadt zum schnellen Handeln auf. Die Lage sei bereits kritisch, aber noch habe man ein kleines Zeitfenster, Abriss-Arbeiten kontrolliert durchzuführen.
Entscheidend dafür ist der Zustand des östlichen Brückenzuges A. Das akustische Überwachungssystem hat dort an einem bestimmten Bereich im Brückeninneren fünf Spanndrahtbrüche seit Sonntagabend gemeldet. Marx hat mit seinen Fachkräften errechnet, dass der Brückenzug bei insgesamt 14 Brüchen in diesem sensiblen Bereich einstürzen dürfte.
Man habe also maximal noch neun Brüche Zeit, bevor Menschen auch für Abrissarbeiten keinesfalls mehr nahe der Brücke sein dürften, so Marx. Weiteres Warten erschwere die Lage nur, zumal die Temperaturschwankungen in den kommenden Wochen den Verfall beschleunigen dürften - wie bereits beim Einsturz im September.
Dabei biete gerade die neue Gefahrenlage nun eine Chance, ohne großen bürokratischen Aufwand aktiv zu werden - wie schon beim Abriss des Brückenzuges C. Laut Marx sei eine europaweite Ausschreibung jetzt nicht mehr nötig. "Es könnte sofort losgehen", sagt er.
Rathaus lässt TAG24-Anfrage zunächst unbeantwortet
Nicht nur für die Schifffahrt wäre es dabei wichtig, dass Brückenteile nicht mehr in die Elbe stürzen. Auch wegen möglicher weiterer Bombenfunde würden die Arbeiten dann eine "unendliche Geschichte", so Marx.
Jetzt dagegen könnte man die Überbauten mittels darunter liegenden Pontons hydraulisch nach oben herausheben. "In drei Monaten könne die Carolabrücke weg sein", schätzt der Experte.
Das Rathaus ließ eine TAG24-Anfrage zunächst unbeantwortet. Ein letzter Bagger habe auf der Neustädter Seite am Mittwoch noch Arbeiten beendet, auf der Elbe werde weiter an der Fahrrinne gearbeitet, hatte ein Sprecher zuvor mitgeteilt. Schiffs-Durchfahrten seien wegen der Temperaturschwankungen ausgeschlossen.
Während die Sächsische Dampfschifffahrt weiter elbaufwärts ab Albertbrücke ablegen kann, wäre eine längere Sperrung für die Sächsischen Binnenhäfen und Reedereien "eine Katastrophe", wie der Geschäftsführer der tschechischen Reederei EVD, Lukas Hradsky (51), sagt.
Man habe nun wieder alle geplanten Fahrten gestoppt. Zudem wolle man Schadensersatz in Höhe von über 450.000 Euro von der Stadt Dresden fordern.