Erstmals seit dem Einsturz: Güterschiff fährt unter Carolabrücke durch
Dresden - Großes Aufatmen in der Binnenschifffahrt! Erstmals seit dem Kollaps der Carolabrücke am 11. September 2024 unterquerte ein Güterschiff die beiden stehengebliebenen Brückenzüge A und B. 135 Meter an Länge bringt "Dick I" - aus dem tschechischen Děčín kommend - aufs Wasser.
Seine Ladung: ein 221 Tonnen schwerer Generator (soll nach Antwerpen, Belgien) und 650 Tonnen Düngemittel (nach Espenhain, bei Leipzig).
Als das Motorschiff kurz vor 12 Uhr die Carolabrücke passiert, schaut Lukas Hradsky (51), Geschäftsführer der zuständigen tschechischen Reederei EVD, von der "Gräfin Cosel" aus zu.
"Unser Kapitän ist ein Fachmann. Der schafft das", sagt er auf Deutsch. Bis zum 18. Februar haben Binnenschiffe nun die Gelegenheit, per Einzelgenehmigungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) die Stelle zu passieren.
Danach sollen werktags sogar mehrstündige Zeiträume zur Durchfahrt offenstehen.
Wie viele Schiffe genau eine Genehmigung erhalten sollen, ist bis dato noch unklar. Hradskys Unternehmen musste in den vergangenen fünf Monaten hohe Verluste wegstecken.
"Das war für uns eine sehr lange Zeit. Uns ist ein wirtschaftlicher Schaden von 450.000 Euro entstanden", erklärt er. Viele Schiffe blieben in den Häfen liegen. Glücklicherweise entließ die Firma keinen der insgesamt 65 Mitarbeiter. "Die haben wir woanders eingesetzt."
Was in den letzten Monaten mit den Gütern passierte, die nicht per Schiff transportiert werden konnten
Doch nicht nur auf tschechischer Seite stehen die Unternehmenslenker weiter vor großen Herausforderungen. 30 bis 40 Schiffe passieren Dresden während der Hauptverkehrssaison (September bis April) - normalerweise.
"Wir betrachten mit Sorge, was hier passiert ist", so Heiko Loroff (56), Geschäftsführer der Sächsischen Binnenhäfen, mit Blick auf die lange Verkehrsunterbrechung. "40 Prozent unserer Güter aus Tschechien konnten wir auf die Schiene oder Straße verlegen, der Rest blieb liegen oder wurde storniert", seufzt er.
Ein Teil der Flotte wurde auf andere Strecken, etwa die Donau oder das Rhein-Main-Gebiet, verlegt.
Doch manche Kunden wechselten in der Zwischenzeit den Anbieter, der weggebrochene Umsatz geht in die Millionen. "Ich sehe hier die Stadt in der Verantwortung. Wir brauchen ab jetzt verlässliche Absprachen, dass sich zukünftige Unterbrechungen in diesem Ausmaß nicht wiederholen."
Juristische Mittel wegen nicht fahrender Güterschiffe werden geprüft
Auch Ansprüche auf Schadensersatz würden nun geprüft, sagte Loroff zu TAG24.
Den juristischen Weg zieht auch Lukas Hradsky in Erwägung, steht bereits mit einer Berliner Anwaltskanzlei in Kontakt.
Erst vor wenigen Tagen war Tschechiens Verkehrsminister Martin Kupka (49) in Dresden zu Gast, suchte wegen des langsamen Abrisses der Brücke das Gespräch mit OB Dirk Hilbert (53, FDP). Geschäftsführer Hradsky, seit 32 Jahren in der Branche unterwegs, sagt dazu: "Wir bieten auch Wasserbautechnik und sogar Schwimmbagger an, die per Funk steuerbar sind."
Ideal für den Fall, dass weitere Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg auftauchen und sich keine Baggerfahrer mehr finden.
"Doch von der Stadt kam eine Absage", so Hradsky schulterzuckend.
Titelfoto: Ove Landgraf