Mediziner warnt vor Zombie-Droge Fentanyl in Deutschland: "Bereits zwei Milligramm tödlich"
Leipzig - Inzwischen hat vermutlich jeder die Videos der wie Zombies herumwankenden Menschen aus den USA gesehen. Der Auslöser: die Modedroge Fentanyl. Göran Michaelsen, Chefarzt der Soteria Klinik für Suchtrehabilitation am Helios Park-Klinikum Leipzig, gab in einem Interview seine Einschätzung zur Lage in Deutschland ab.
Bei Fentanyl handelt es sich um künstlich hergestelltes Opioid, das vor allem auf Intensivstationen oder in der Anästhesie zur Behandlung von starken/chronischen Schmerzen eingesetzt wird. Es wirkt etwa fünfzigmal stärker als Heroin und gar hundertmal stärker als Morphium.
Laut Michaelsen werden bei der Einnahme Herzschlag, Atmung, Blutdruck und Verdauung heruntergefahren, was beruhigende Glücksgefühle hervorrufen kann: "Das führt dazu, dass es als Rauschmittel missbraucht wird." Die euphorisierende Wirkung hält allerdings höchstens 60 Minuten an - was natürlich ein erhebliches Suchtpotenzial mit sich bringt.
Der Mediziner warnt vor der zunehmenden Verbreitung der Droge in Deutschland: So wird Fentanyl aufgrund des recht günstigen Marktpreises oftmals Heroin beigemischt. Was die Konsumenten aber nicht wissen: "Bereits zwei Milligramm Fentanyl können tödlich sein. Damit steigt die Gefahr einer Überdosis."
Mischt man die chemische Droge etwa mit Alkohol oder Schlafmitteln, sind massive Wechselwirkungen bis hin zu Koma oder tödlicher Atemlähmung denkbar, so Michaelsen.
Fentanyl wirkt hundertmal stärker als Morphium
Doch noch besteht laut dem Mediziner kein Grund zur Panik in Deutschland: "Ein dramatischer Anstieg spiegelt sich in unseren Patientenzahlen momentan noch nicht wider." Da er bei der Suchtrehabilitation aber natürlich "das letzte Glied der Kette" sei, könne er zur Situation in den Notaufnahmen und Beratungsstellen keine Aussage treffen.
Um der Droge präventiv entgegenzuwirken, wünscht er sich eine erhöhte Sensibilisierung des medizinischen Personals: Taucht ein Patient etwa immer wieder - vielleicht sogar bei wechselnden Arztpraxen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen - auf, um ohne ersichtlichen Grund eine gesteigerte Therapie mit Fentanyl zu verlangen, sei dies ein eindeutiges Alarmsignal.
Wichtig sei zudem die frühzeitige Aufklärung an Schulen, in Jugendzentren und niederschwelligen Beratungsstellen sowie in Brennpunktvierteln.
"Der Missbrauch von Opioiden ist kein neues Phänomen für die Suchtberatungsstellen", so Michaelsen. "Die zunehmende Verbreitung von Fentanyl wird dort aufmerksam beobachtet."
Titelfoto: Montage David Maialetti/The Philadelphia Inquirer/AP/dpa ; Helios Kliniken GmbH