Unglück in Garmisch: Leichen unter Waggons geborgen, Söder spricht von "Stich ins Herz"
Garmisch-Partenkirchen - Die Bergungsarbeiten und Ermittlungen gehen nach dem schweren Zugunglück mit mehreren Toten und Verletzten im oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen weiter. Auch Leichen, die unter den Waggons begraben waren, wurden inzwischen geborgen.
Am Freitagmittag sind im Ortsteil Burgrain mehrere Waggons einer Regionalbahn auf dem Weg nach München in einer Rechtskurve entgleist.
Dabei sind mehrere doppelstöckige Waggons umgekippt um kamen wenige Meter neben einer Bundesstraße zum Liegen.
Von den 140 Menschen in den Waggons sind mindestens vier Personen ums Leben gekommen, 30 weitere wurden verletzt. Darunter mehrere Kinder. Drei der vier Verstorbenen wurden unter dem Zug entdeckt. Ein weiterer erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (65, CSU) sei nicht auszuschließen, dass unter den umgekippten Waggons noch weitere Personen liegen könnten. Auch ein Polizeisprecher konnte das nicht ausschließen.
Einige zum Teil Schwerverletzte mussten notoperiert werden. Der Unfall vom Freitag gilt als eines der schwersten Zugunglücke in Deutschland. 650 Einsatzkräfte waren am Freitag bereits im Einsatz.
Nancy Faeser zeigte sich "zu tiefst erschüttert"
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (58, CSU) teilte in einem Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk mit, dass man davon ausgehen müsse, dass "irgendeine technische Ursache entweder am Fahrzeug oder am Gleis" Grund für den Vorfall wäre.
Er geht davon aus - basierend auf ersten Informationen der Bahn - dass die Strecke für mindestens eine Woche gesperrt sein wird.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (51, SPD) zeigte sich "zu tiefst erschüttert", als sie am Freitag zu der Unglücksstelle kam.
"Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt natürlich vor allem den Angehörigen, den Familien, den Freunden der Todesopfer des heutigen katastrophalen Ereignisses", so die SPD-Politikerin und danke den zahlreichen Einsatzkräften für ihr Engagement. "Das ist eine wirklich furchtbare Katastrophe."
Später twitterte die Bundesministerin über die Einsatzkräfte: "Sie haben die Verletzten sehr schnell geborgen. #Bundespolizei, Landespolizei, #Feuerwehr, #THW und Rettungsdienste leisten hier mit 650 Kräften Großartiges!"
Weiter schrieb sie: "Im Zug waren Bundeswehrsoldaten, die unmittelbar geholfen haben. All diesen Helferinnen und Helfern ganz großen Dank!"
Auf den Tag genau 24 Jahre nach Eschede
Am Freitagabend zeigte sich Münchens Kardinal Reinhard Marx (68) "schockiert und traurig, dass bei diesem schlimmen Unfall Menschen aus der Mitte des Lebens gerissen, getötet oder teilweise schwer verletzt wurden".
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat "mit großer Bestürzung" reagiert: "Meine Gedanken sind bei den Verletzten und allen Angehörigen in diesen schweren Stunden"
Martin Emig, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, konnte noch keine konkreten Ursachen für das Unglück nennen: "Zur Unfallursache kann man zum momentanen Zeitpunkt noch gar nichts sagen. Wie das passiert ist, dazu haben wir noch keine Erkenntnisse."
Zuerst müsse man sich um vermisste, verletzte und getötete Personen kümmern. Hinweise auf einen Anschlag gäbe es derzeit keine.
Am Samstag gehen die Ermittlungen und Bergungsarbeiten an der Unfallstelle weiter.
Der Unfall in Garmisch-Partenkirchen passierte auf den Tag genau 24 Jahre nach dem tragischen ICE-Bahnunfall in Eschede.
Update 11.26 Uhr: Erste Tote unter den Waggons geborgen
Wie am Samstagvormittag gemeldet wurde, seien bereits erste Tote geborgen worden.
"Ein Polizeisprecher in Rosenheim hatte am Morgen noch gesagt, die bestätigten Toten befänden sich weiterhin unter einem der umgestürzten Waggons - seine Kollegen an der Unfallstelle korrigierten diese Angaben später", teilte die Deutsche Presseagentur (dpa) inzwischen mit. Kinder befänden sich keine unter den Toten.
Es muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass unter den umgekippten Waggons weitere Personen liegen könnten. Aktuell werde eine einstellige Zahl an Personen noch vermisst.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (55, CSU) hat sich bei einem Besuch am Unglückortes zutiefst erschüttert gezeigt: "Es ist ein unfassbares Ereignis", so der CSU-Chef.
"Auch diejenigen die nicht verletzt sind, haben möglicherweise Wunden an der Seele, die erstmal verarbeitet werden und verheilen müssen", sagte Söder.
"Wir hoffen sehr, dass es keine weiteren Todesfälle gibt." Er sprach von einem "Stich ins Herz" den man immer spürt, wenn man plötzlich eine solch schreckliche Nachricht erfährt.
Update 14.26 Uhr: Weitere Person tot geborgen
Wie die Polizei am Samstagnachmittag bekannt gab, wurde eine weitere Person tot aus den Trümmern geborgen.
Nach Informationen der "Bild" soll es sich um einen zehn bis 15 Jahre alten Schüler handeln, der zuvor als vermisst galt.
Man berufe sich bei der Altersangabe auf Aussagen des Landrats.
Titelfoto: Angelika Warmuth/dpa