Wirrwarr bei 9-Euro-Ticket: Auf welchen Strecken Ihr aufpassen müsst
Erfurt - Inhaber des 9-Euro-Tickets sollten gut aufpassen, in welchen Zug sie steigen. Der Grund: Ein Wirrwarr um das neue Billigticket!
Regionalverkehr ist Regionalverkehr, sollte man meinen. Doch Achtung, es gibt Ausnahmen!
Auf manchen deutschen Eisenbahnstrecken ist Regionalverkehr zugleich Fernverkehr - und umgekehrt. Sprich, ein Nahverkehrsticket hat mitunter auch im Fernverkehr, also etwa in einem Intercity (IC), Gültigkeit.
Mit dem neuen Billigticket dürfte man dann auch problemlos in einen IC wie auf der Thüringer Strecke Erfurt-Gera steigen. Klingt zwar logisch - aber die Realität sieht bislang anders aus! Fernverkehr ist offenbar nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zugleich Regionalverkehr.
Der Grund: In Fernverkehrszügen, die auch mit Nahverkehrstickets genutzt werden können und von DB Fernverkehr betrieben werden, gelten die Tickets nicht!
Hintergrund ist, dass die Bahn für den neuen Fahrschein offenbar Geld von den Ländern kassieren will. Solang das nicht fließt, sind Fahrgäste, die im IC mit 9-Euro-Ticket unterwegs sind, wohl nichts anderes als Schwarzfahrer.
Davon betroffen wären Ticket-Inhaber gleich auf sieben Strecken: Bremen-Norddeich Mole, Elsterwerda-Berlin, Berlin-Prenzlau, Potsdam-Berlin-Cottbus, Dillenburg-Letmathe, Stuttgart-Konstanz und Erfurt-Gera.
Karawanskij: "Ich habe kein Verständnis dafür"
Für diese Verbindungen gibt es eigentlich Vereinbarungen mit den Ländern, dass Fahrgäste mit Nahverkehrsfahrkarte den jeweiligen IC nutzen dürfen. Die Länder entrichten dafür eine Entschädigung an die Bahn. Beim 9-Euro-Ticket jedoch, das ja eigentlich für den Nahverkehr gedacht ist, macht die Bahn eine Ausnahme.
Auch auf der Strecke Erfurt-Gera wird man ab kommenden Mittwoch (1. Juni), wenn das Ticket offiziell gilt, nicht mit dem Billigfahrschein auskommen. Thüringens Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij (42, Linke) findet dafür deutliche Worte.
Gegenüber der Zeitung Thüringer Allgemeine (TA) sagte sie: "Ich habe kein Verständnis dafür, dass sich die DB Fernverkehr bei den Ländern bedienen will und sich nicht – wie andere Verkehrsunternehmen auch – die durch das 9-Euro-Ticket entstehenden Ausfälle im Nahverkehr über den ÖPNV-Rettungsschirm des Bundes erstatten lässt."
Nach einer "intensiven" Verhandlung mit DB Fernverkehr müsse sie leider feststellen, dass sich die DB "keinen Millimeter" bewege.
Ausnahme von der Ausnahme: In Baden-Württemberg gilt das Ticket auch im Intercity!
Doch wer weiß, vielleicht kommt es ja doch noch zu einer Einigung. In Baden-Württemberg hat man sie jedenfalls gefunden.
"Wir sind sehr froh, dass wir im Sinne der Fahrgäste diese Lösung gefunden haben. Das Neun-Euro-Ticket gilt damit auch in den für den Nahverkehr zugelassenen Intercity-Zügen", wurden Verkehrsminister Winfried-Hermann (69, Grüne) und Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn, in einer Mitteilung auf der Homepage des Ministeriums für Verkehrs Baden-Württemberg zitiert. Da stellt sich nur die Frage, wie hoch der Preis für Baden-Württemberg ist, beziehungsweise sein wird.
In Thüringen dagegen sollten Bahnreisende mit 9-Euro-Ticket auf der entsprechenden Verbindung aufpassen. Und wer am Bahnsteig bei all dem Wirrwarr mal nicht weiter wissen sollte, der kann ja einfach das Bahnpersonal fragen. "Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug nach Pank... Gera?"
Aber vielleicht hat sich der Freistaat bis dahin doch den Nahverkehr erkauft beziehungsweise die Gültigkeit des neuen Nahverkehrstickets für den Intercity. Oder es kommt doch noch zu einer ganz anderen Lösung.
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