Unpünktlichkeit und immer mehr Schulden: Die Deutsche Bahn steckt in einer "chronischen Krise"
Berlin - Die Probleme bei der Deutschen Bahn (DB) haben sich aus Sicht des Bundesrechnungshofs in den vergangenen Jahren vergrößert.
"Nach vier offensichtlich verlorenen Jahren ist das System Eisenbahn sogar noch unzuverlässiger geworden und die wirtschaftliche Lage der DB AG hat sich weiter verschlechtert", sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller am Mittwoch bei der Vorstellung eines Sonderberichts zur Bahn-Struktur in Berlin.
"Die Krise der DB AG wird chronisch, der Konzern entwickelt sich zu einem Sanierungsfall, der das gesamte System Eisenbahn gefährdet."
In dem Bericht kritisiert der Rechnungshof die vor allem im vergangenen Jahr deutlich gestiegene Unpünktlichkeit im Fernverkehr sowie den wachsenden Schuldenstand des Konzerns.
Angesichts der an vielen Stellen sanierungsbedürftigen Infrastruktur sieht er die Ziele der Bundesregierung in Gefahr, bis 2030 die Fahrgastzahlen im Personenverkehr zu verdoppeln und den Anteil am Güterverkehr auf der Schiene auf 25 Prozent zu erhöhen.
Wie will der Bund die Bahn? Gesamtkonzept gefordert!
Vom Bund fordert die Kontrollbehörde in dem Bericht ein "Gesamtkonzept, das seine Ziele enthält und ein Drehbuch ist, um den Handlungsstau systematisch aufzulösen". Es müsse klar werden, "was für eine Bahn und wie viel Bahn der Bund zu welchen Kosten haben will".
Der Rechnungshof hat den neuen Sonderbericht an diesem Mittwoch an den Bundestag weitergeleitet. Viele der Punkte tauchen bereits in einem früheren Bericht des Hofes von 2019 auf, etwa die Kritik an den zahlreichen Auslandsinvestitionen des Bahn-Konzerns.
Seither sind allerdings viele Punkte angestoßen worden: So will sich der Konzern von der Logistik-Tochter Schenker trennen, um sich stärker aufs Kerngeschäft zu konzentrieren.
Zudem planen Bund und Bahn eine Generalsanierung wichtiger Verkehrsknoten zur Ertüchtigung der Schiene und zur mittelfristigen Verbesserung der Zuverlässigkeit.
Verkehrsminister Wissing will Liste "Punkt für Punkt" abarbeiten
"Das gilt es nun Punkt für Punkt abzuarbeiten. Und das tun wir konsequent", teilte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (52, FDP) am Mittwoch mit.
"Aktuell werden die Nebenstrecken auf Vordermann gebracht, damit die Generalsanierung der am meisten belasteten Korridore schnell starten kann." Daran arbeiteten alle Beteiligten hart, hob Wissing hervor. "Was wir nicht können, ist rückwärts regieren."
Aus Sicht des Rechnungshofs könne die "längst überfällige Generalsanierung" zwar ein Schritt in die richtige Richtung sein. "Ob das in der Umsetzung funktionieren wird, bleibt abzuwarten - so ist die geplante Umsetzung auch bei Fachleuten oder Verbänden umstritten", hieß es.
"Die Generalsanierung alleine wird außerdem die Wachstumsambitionen nicht ermöglichen."
Titelfoto: Sebastian Gollnow/dpa