Ausbildungs-Allianz gegen Personalnot - Wie eine Chemnitzerin zur Lokführerin wurde
Dresden - Neun Bahnunternehmen, die im Herzen Deutschlands den Nahverkehr auf die Schiene bringen, haben eine Ausbildungs-Allianz geschlossen. Sie wollen so den aktuellen und zukünftigen Personalbedarf an Lokführern absichern.
"Ich möchte nichts anderes mehr machen", gesteht Selina Ullmann (31) nachdem sie im Führerstand des Zuges Platz genommen hat.
Glücklich schweift ihr Blick über die Schalter und Displays hinaus auf die Gleise des Dresdner Hauptbahnhofs. "Ich habe zuerst Kauffrau für Verkehrsservice gelernt und jetzt zur Lokführerin umgeschult", erzählt die Chemnitzerin stolz.
Ullmann besitzt "Bahn-Gene". Ihr Vater war Streckenmeister im Erzgebirge. Heute fährt die taffe Blondine, die in ihrer Freizeit an Zweitaktern schraubt und mit den Trabantfreunden Karl-Marx-Stadt sowie Mann und Kind gern auf Achse ist, Zug zwischen Hof und Dresden.
"Meine Lieblingsstrecke ist Chemnitz - Elsterwerda", verrät sie.
Personalmangel bereits jetzt hoch!
Bis 2030 müssen deutschlandweit rund 74.000 altersbedingt freiwerdende Stellen im ÖPNV wiederbesetzt werden. Schon jetzt fehlen etwa 1.500 Lokführer.
Auch in Mitteldeutschland fallen bereits Verbindungen aus, weil Personal fehlt. Gleichzeitig steigt im Zuge der Verkehrswende der Bedarf an qualifiziertem Personal. Allein der Nahverkehr in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen braucht jährlich 400 neue Lokführer.
Die regionalen Bahnunternehmen suchen händeringend Menschen, die Interesse an dem Job haben. Die grundständige Ausbildung dauert drei Jahre. Quereinsteiger können den Beruf in zehn Monaten erlernen.
Die nun geschlossene Vereinbarung gleicht im Geist einem "Friedensabkommen". So verpflichten sich die Unternehmen beim Wechsel eines ausgebildeten Lokführers zu einem anderen Bahnunternehmen gegenseitig die Ausbildungskosten zu erstatten, die bei 65.000 Euro/80.000 Euro liegen.
Titelfoto: Steffen Füssel