Junger Mann von der Polizei erschossen: Tausende gehen auf die Straße

Von Helen Hoffmann und Elmar Stephan

Oldenburg - Nach dem Tod des 21 Jahre alten Lorenz durch Polizeischüsse in der Oldenburger Innenstadt sind dort Tausende Menschen zu einer Demonstration zusammengekommen. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf bis zu 10.000.

Blumen, Kerzen und ein Schild mit der Aufschrift "So viel Polizeigewalt, so wenig Konsequenzen" stehen dort, wo der 21-Jährige von der Polizei erschossen wurde.
Blumen, Kerzen und ein Schild mit der Aufschrift "So viel Polizeigewalt, so wenig Konsequenzen" stehen dort, wo der 21-Jährige von der Polizei erschossen wurde.  © Izabela Mittwollen/dpa

Die genauen Hintergründe der Tat sind bislang unklar. Fest steht, dass der 21 Jahre alte Deutsche am frühen Ostersonntag in der Fußgängerzone von einem Polizisten erschossen wurde - von hinten. Laut Obduktionsergebnis wurde Lorenz an der Hüfte, am Oberkörper und am Kopf getroffen.

Der 27 Jahre alte Polizist wurde vorläufig vom Dienst suspendiert. Gegen ihn wird wegen Totschlags ermittelt - das übliche Verfahren in solchen Fällen.

In den sozialen Medien wächst derweil der Unmut. Viele befürchten, dass die Schüsse auf den Schwarzen einen rassistischen Hintergrund haben könnten. Unter den Hashtags #gerechtigkeitfürlorenz und #justiceforlorenz mehren sich Stimmen gegen Polizeigewalt und Rassismus.

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Am Tatort liegen viele Blumen, Kerzen und persönliche Botschaften, die an Lorenz erinnern und Gerechtigkeit fordern. "Man sollte nicht so sterben", sagt der 14-jährige Richart, der vor der Demonstration gemeinsam mit Freunden am Tatort war. "Ich wünsche mir, dass der Polizist angeklagt wird und eine gerechte Strafe bekommt."

Tod des erschossenen Lorenz geht den Menschen in Oldenburg nahe

Für Suraj Mailitafi (l.), Sprecher der Oldenburger Initiative "Gerechtigkeit für Lorenz", sind die Schüsse auf den 21-Jährigen nicht zu rechtfertigen.
Für Suraj Mailitafi (l.), Sprecher der Oldenburger Initiative "Gerechtigkeit für Lorenz", sind die Schüsse auf den 21-Jährigen nicht zu rechtfertigen.  © Izabela Mittwollen/dpa

Emily Schkrob (19) geht es ähnlich. "Man kennt solche Geschichten aus Amerika", sagt sie mit Blick auf die Proteste nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd. "Aber man hat einfach nie gedacht, dass so was auch hier passieren kann."

"Mehrere Schüsse von hinten, das ist für uns nicht zu rechtfertigen", sagt Suraj Mailitafi, Sprecher der Oldenburger Initiative "Gerechtigkeit für Lorenz" vor Beginn der Demonstration.

Kein Mensch habe es verdient, Opfer von Polizeigewalt zu werden. Die Polizei sollte deeskalieren. "Das Vertrauen in eine Institution, die eigentlich uns schützen soll, steht auf dem Spiel", kritisiert er. Daher müsse der Fall lückenlos aufgeklärt werden.

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Genau diese Forderung stellten Redner bei der Kundgebung und Demonstration am Abend, zu der auch Menschen aus anderen Städten anreisten - etwa aus Bremen, Dortmund und Hamburg. "Zusammen möchten wir mit euch ein kraftvolles Zeichen setzen", sagt eine Sprecherin der Initiative "Gerechtigkeit für Lorenz".

Wie andere Redner und Menschen im Publikum kritisierte sie strukturellen Rassismus. Tödliche Polizeigewalt treffe vor allem schwarze Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund.

Familie des Opfers wünscht sich eine friedliche Demo ohne Eskalationen

Zwei Frauen zünden zum Gedenken an den erschossenen jungen Mann eine Kerze an.
Zwei Frauen zünden zum Gedenken an den erschossenen jungen Mann eine Kerze an.  © Izabela Mittwollen/dpa

Auch in vielen anderen Städten wurde zeitgleich zu Demonstrationen und Mahnwachen aufgerufen, etwa in Berlin, Hannover, Braunschweig, Düsseldorf, Bochum, Frankfurt, Stuttgart, München und Wien.

Bei der Kundgebung in Oldenburg baten mehrere Redner und Organisatoren die Menge, friedlich und respektvoll zu demonstrieren.

Dies wünschten sich die Angehörigen, sagten sie. Demnach bat vor allem die Mutter des Getöteten um ein würdevolles Gedenken ohne Gewalt.

Erstmeldung: 19.17 Uhr. Aktualisiert: 20.37 Uhr

Titelfoto: Izabela Mittwollen/dpa

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