Thomas Doll sitzt in Ungarn fest und hat Angst um pflegebedürftigen Vater!
Budapest - Der pflegebedürftige Vater in der norddeutschen Heimat, die Tochter im vom Virus verseuchten Italien - und er selbst sitzt im abgeriegelten Budapest fest: Thomas Doll trifft die Corona-Krise mit voller Wucht.
"Angst habe ich keine, aber ich bin doch schon sehr nachdenklich", sagt der langjährige Bundesliga-Trainer.
Dolls Gedanken kreisen vor allem um seine Familie und seinen an Demenz erkrankten Vater.
"Die Tagesklinik hat aufgrund der Corona-Krise zugemacht. Er muss von morgens bis abends zu Hause von meiner Mutter und meiner Schwester gepflegt werden", erzählt der frühere Nationalspieler via Skype-Telefon.
"Im Januar und Februar konnte ich noch mithelfen, das geht jetzt leider nicht mehr."
Doll klingt so, wie er sich fühlt. Auch beruflich wird die weltweit grassierende Pandemie für ihn Folgen haben, das weiß er.
Ein neues Engagement ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Existenzängste verspürt er aber nicht. "Vieles ist nach hinten verschoben, auch für mich persönlich, aber anderen Menschen geht es viel schlechter", sagt Doll.
Der 53-Jährige telefoniert momentan besonders viel, liest Bücher, um sich abzulenken, strampelt auf dem Fahrradergometer und kocht "jetzt sogar öfter" - doch vor allem vermisst er den Fußball.
Thomas Doll wünscht sich Geisterspiele
Seinen Job, klar. Aber auch den Fußball als Konsument, als Fan vorm TV-Gerät.
"Ich mache jetzt öfter mal den Fernseher an und gucke irgendwelche Klassiker oder lasse alte Spiele laufen, bei denen ich als Trainer dabei war", erzählt der frühere Coach von Borussia Dortmund und des Hamburger SV.
"Aber so ein richtiges Livespiel, bei dem es um Punkte geht und man mitfiebern kann - das fehlt uns allen."
Und genau deshalb wünscht sich Doll die baldige Austragung von Geisterspielen. Neben wirtschaftlichen und sportlichen Gründen unterstreicht er: "Die Menschen sehnen sich danach, mal wieder den Fernseher anzumachen und den Ball rollen zu sehen. Es ist sehr wichtig, die Leute zu beschäftigen", sagt Doll.
Angesichts der "schlimmen Nachrichten, die uns aktuell aus aller Welt erreichen, ist Fußball doch nach wie vor die schönste Nebensache der Welt. Und da wäre es einfach schön, wenn man Ende April oder Anfang Mai den Fernseher anmachen könnte und man beim Fußball ein bisschen Ablenkung bekommt."
Seine Lust am Leben und die positive Art lässt sich Doll auch in der momentanen Ausnahmesituation nicht nehmen. "Es ist keine einfache Situation zurzeit", sagt er, hält kurz inne und denkt an seine Familie, "aber Gott sei Dank geht es allen gut".
Titelfoto: Picture Point/Roger Petzsche