Studie nährt Verdacht: Hat Corona Schulkinder dümmer gemacht?
Rheinland-Pfalz - Was hat Corona mit der Intelligenz unserer Kinder gemacht? Dieser Frage hat sich eine Studie aus Rheinland-Pfalz gewidmet und dabei beunruhigende Erkenntnisse erlangt. Doch die Studie wirft auch Fragen auf.
Vor der Corona-Pandemie war beileibe auch nicht alles gut, doch wie haben sich Isolation, Online-Unterricht und Kontaktbeschränkungen auf die Intelligenz von Schülern ausgewirkt?
Wenn es nach einer im Fachblatt "Plos One" veröffentlichten Studie geht, hatte die Pandemie nachweislich Auswirkungen auf die Intelligenz deutscher Schüler.
So kommt die Studie zu dem Schluss, dass sich der Intelligenzquotient (IQ) von Schülern hierzulande um ganze sieben Punkte verringert hat. Vergleichbare Werte von vor der Pandemie wurden hierzu mit einbezogen.
Dabei wurden die schulischen Leistungen von 424 Schülerinnen und Schülern aus insgesamt vier Schulen in Rheinland-Pfalz aus den Klassenstufen sieben bis neun in den Blick genommen.
Um verlässliche Vergleichswerte zu erhalten, wurden die Jugendlichen dazu aufgefordert, den Berliner Intelligenzstrukturtest für Jugendliche zu absolvieren.
Dieser beinhaltete die Kompetenzbereiche Merkfähigkeit, Bearbeitungsgeschwindigkeit, Verarbeitungskapazität sowie die Parameter Einfallsreichtum und den Umgang mit numerischem, verbalem und figuralem Material.
IQ gesunken: Die Corona-Pandemie hat sich spürbar auf die Leistungen der Schüler ausgewirkt
Die Forscher hatten die Probanden in Gruppen von je 104 Schülern nach Geschlecht, Klassenstufe und Alter sowie Klassen-Typen wie reguläre Klassen und Hochbegabtenklassen eingeteilt.
Der Intelligenztest wurde daraufhin mit Vergleichswerten aus den Jahren 2002 und 2020 abgeglichen.
Die gewonnenen Erkenntnisse können als alles andere als beruhigend beschrieben werden, denn daraus ergab sich ein um sieben IQ-Punkte verringerter Wert.
Während der Mittelwert 2002 noch bei 112 IQ-Punkten angesiedelt war, betrug dieser 2020 lediglich etwa 105. Die Forscher schlussfolgerten aus diesen Ergebnissen, dass der Zusammenhang zwischen der gemessenen Intelligenz und der Pandemie nicht von der Hand zu weisen sei.
Demzufolge waren die Schüler in den Vergleichsjahren 2002 und 2012 in der Summe wesentlich besser aufgestellt als die "Corona-Probanden". Als bloße Fortsetzung eines längeren Abwärtstrends können die Resultate den Forschern zufolge nicht betrachtet werden. Der Pandemie-Bezug sei evident.
Nachlassende Schülerleistungen: Viele Faktoren spielen eine Rolle
Weitere Faktoren, der zur finalen Beurteilung der Studie unerlässlich scheinen und bislang zu wenig in den Fokus genommen wurden, sind die fortschreitende Digitalisierung sowie die Smartphone-Nutzung. Denn: Die Lebenswelt ist inzwischen eine grundsätzlich andere als noch vor zehn Jahren.
Klaus Zierer (46), Inhaber des Lehrstuhls für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, hält die Berücksichtigung jener Parameter für zentral. "Hierzu liegen Studien vor, die zeigen, dass beispielsweise die Nutzungsdauer und -art von Smartphones einen negativen Einfluss auf die Intelligenzentwicklung hat", fasst der Pädagoge seine Beobachtungen zusammen.
Doch auch Kritik an der Studie wurde laut. So bemängelt Samuel Greiff, Professor für Psychologie und pädagogisch-psychologische Diagnostik an der Universität Luxemburg, das Fehlen einer Vorher-Nachher-Testung. Dieser Umstand sei laut Greiff jedoch unvermeidlich, da man dafür bereits 2019 die Pandemie hätte voraussagen müssen.
Die Wissenschaftler resümieren, dass sich die Dauer des Schulbesuchs positiv auf die Intelligenz auswirke. Da die Schüler während der Pandemie weniger Klassenunterricht genossen hätten und dieser durch Online-Unterricht nicht adäquat ersetzt werden konnte, sei diese Entwicklung keine echte Überraschung.
Titelfoto: Henning Kaiser/dpa