Können Corona-Abstrichtests irreparable Hirnschäden verursachen?

Berlin - In einem Facebook-Beitrag wird behauptet, dass bei Covid-19-Tests die Barriere zwischen Nase und Gehirn mutwillig durchschlagen wird. Es würden sich Meldungen häufen, wonach Patienten im Anschluss an einen Nasenabstrich Hirnwasser durch die Nase verloren hätten oder Hirnhautentzündungen aufgetreten seien. Im Alten Ägypten, so heißt es, sei das Verletzen der "Heatoenzephalititsdrüse" eine Bestrafung gewesen. Eine Papyrusmalerei soll diese Behauptung untermauern.

Patienten haben nicht im Anschluss an einen Nasenabstrich Hirnwasser durch die Nase verloren. (Symbolbild)
Patienten haben nicht im Anschluss an einen Nasenabstrich Hirnwasser durch die Nase verloren. (Symbolbild)  © Shao-Chun Wang/123RF

Auf dem Papyrus ist ein hockender Mann zu sehen, der einem zweiten ein Stäbchen - ähnlich einem Abstrich-Tupfer - vorhält. Eine Bilder-Rückwärtssuche führt auf die Website der Fotoagentur "Getty Images", die dieses historische Bild ausführlich beschreibt. Dort heißt es (übersetzt), das Foto zeige einen Augenarzt bei der Behandlung.

Bei dem Bild handele es sich um einen rekonstruierten Ausschnitt eines größeren Gemäldes, das verschiedene Stadien der Errichtung des Ipuy-Grabmals festhält.

Arbeiter messen, bohren, dekorieren - und werden nach Arbeitsunfällen behandelt. Möglicherweise entfernt ein Heilkundiger in diesem Falle gerade einen Fremdkörper aus dem Auge des Arbeiters.

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Betrachtet man den bei Facebook verbreiteten Bildausschnitt nämlich genauer, ist erkennbar, dass der Stab zum Auge und nicht - wie beim Corona-Test - in Rachen oder Nase geführt wird. Auf eine Strafaktion, bei der das Hirn mutwillig geschädigt wird, deutet nichts hin.

Die im Posting angesprochene und angeblich verletzte "Haeatoenzephalitisdrüse" ist Medizinern unbekannt - etwa Wolfgang Wagner, dem Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie der München Klinik Schwabing. Wagner vermutet anhand der Beschreibung im Posting, dass vermutlich die Blut-Hirn-Schranke gemeint sein könnte. Die Silbe "Hae(m)ato" entstammt nämlich dem griechischen Wort für Blut; eine "Enzephalitis" ist eine Gehirnentzündung.

Das Gehirn ist durch eine knöcherne Schicht vom Nasenraum getrennt. Sie mit einem Corona-Teststäbchen zu durchstoßen, hält Wagner für nahezu unmöglich. "Dazu müsste man das Stäbchen um mehrere anatomische Engstellen und Kurven herum bis zum Ansatz einführen - was schon schmerzbedingt kaum möglich ist. Zudem müsste man mit deutlich härteren Stäbchen als üblich und mit deutlich mehr Kraft zustoßen", erläutert er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Keine Fälle von Hirnverletzungen bekannt

Selbstredend ist eine vorsichtige und fachgerechte Durchführung der Abstriche notwendig, um ein zuverlässiges Testergebnis zu erhalten. (Symbolbild)
Selbstredend ist eine vorsichtige und fachgerechte Durchführung der Abstriche notwendig, um ein zuverlässiges Testergebnis zu erhalten. (Symbolbild)  © grejak/123RF

Bis dato, so Wagner weiter, seien hierzulande Millionen von Testungen vorgenommen worden. "Bei der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie ist aber gemäß heutiger Auskunft kein Fall eingegangen oder bekannt, wonach es im Zusammenhang mit einem Corona-Test zu einem Austreten von Hirnwasser oder anderen lebensbedrohlichen Hirnverletzungen gekommen ist".

Genau das wurde fälschlicherweise in dem Posting behauptet.

Auch global gesehen gebe es, erklärt Wagner, nur einen einzigen wissenschaftlich dokumentierten Fall dieser Art.

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Tatsächlich schildern Ärzte in einem Aufsatz vom 1. Oktober 2020, dass eine 40-jährige US-Amerikanerin nach einem Corona-Abstrich über massive Probleme klagte. Im Krankenhaus wurde festgestellt, dass im auslaufenden Nasensekret der Frau Proteine enthalten waren, die auf den Austritt von Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit hinweisen.

Nach Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie erkannten sie einen 1,8 Zentimeter langen Riss im Schädel.

Im Aufsatz erläutern die Ärzte aber ebenso ausführlich, dass ihre Patientin bereits zuvor einen Riss im Rachenbereich hatte; CT-Aufnahmen belegen dies. Der Corona-Abstrich habe sich womöglich negativ auf diese Vorverletzung ausgewirkt - sei aber keineswegs ursächlich. Bei Patienten mit Vorerkrankungen im Rachenbereich oder einer ungewöhnlichen Nasenanatomie sollten darum alternative Corona-Tests angewendet werden, raten die Ärzte. Eine Warnung vor den Abstrich-Tests sprechen sie nicht aus.

Wagner kommt zu einem ähnlichen Schluss: Selbstredend, sagt er, sei eine vorsichtige und fachgerechte Durchführung der Abstriche notwendig, um ein zuverlässiges Testergebnis zu erhalten. Gravierende Verletzungen oder gar Durchbrüche seien so gut wie ausgeschlossen.

Titelfoto: Shao-Chun Wang/123RF

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