Das Leiden nach dem Leiden: Immer mehr Sachsen kämpfen mit "Long Covid"
Radebeul/Leipzig - Immer mehr Sachsen leiden selbst dann noch an Corona, wenn ihre Infektion schon lange vorbei ist. "Long Covid" heißt die Krankheit, die das Leben der Betroffenen radikal ändert - und für die es noch keine Heilung gibt.
Cornelia Reichstein (43) aus Radebeul ging früher gerne klettern in der Sächsischen Schweiz, heute kann sie nur noch mit Rollator aus dem Haus gehen. "Meine Beine werden immer wieder taub, ich bin schon öfters gestürzt", sagt sie.
Corona erwischte sie im November 2020, nach einem dreiwöchigen Ringen mit der Krankheit ging sie wieder auf Arbeit ins Seniorenheim. "Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Wenn ich Berichte schreiben sollte, fielen mir die Wörter nicht ein", erinnert sie sich heute.
Cornelia Reichstein hatte keine Vorerkrankungen, nun nimmt sie Schmerzmittel, Herzmedikamente, braucht eine Haushaltshilfe. Halt findet die fünffache Mutter bei ihrer Familie: "Meine Kinder geben mir viel Kraft."
Bis zu ihrer Erkrankung pflegte sie ihren schwerbehinderten Sohn (18), doch Long Covid raubte ihr die nötige Energie. "Ich musste ihn in eine heilpädagogische Jugendgemeinschaft geben."
Long-Covid kann zu Depressionen führen
Sie ist kein Einzelfall. Noch fehlen umfassende Statistiken zur Verbreitung von Long Covid. Doch in den sächsischen Städten schießen Selbsthilfegruppen aus dem Boden, die Unikliniken Dresden und Leipzig haben Long-Covid-Ambulanzen eingerichtet.
"Die Nachfrage ist groß", sagt Prof. Hubert Wirtz von der Uniklinik Leipzig. "Am häufigsten ist das 'Fatigue'-Syndrom: Abgeschlagenheit und Müdigkeit." Aber auch Atemnot, Angstzustände und Depressionen gehörten zu den Symptomen. Das Problem: "Wir haben nichts in der Hand - kein einziges Mittel."
Dennoch gibt es große Hoffnung für die Betroffenen, wie der Fachmann weiß. Die Symptome ließen sich nicht nur durch Medikamente lindern, sondern etwa auch durch Rehas oder Belastungs-Übungen unter Aufsicht.
Lebensbedrohlich sei Long Covid extrem selten. Und: "Den Betroffenen geht es mit der Zeit wieder besser."
Titelfoto: Montage Petra Hornig ; Stefan Straube/UKL