Corona-Krise: Diese drei Szenarien wären denkbar
Experten vom Spezialdienstleister für langfristige Zukunftsgestaltung und strategische Unternehmensführung "Scenario Management International" (ScMI) haben die Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Gesundheitswesen in einer Studie simuliert.
"Wir haben schon erfolgreich die Auswirkungen einer Finanzkrise für die Sparkassen und den Einbruch des Dieselmarktes für Autozulieferer berechnet", sagt Dr. Alexander Fink (52) vom ScMI-Vorstand.
Folgende drei Szenarien wären bei Corona denkbar.
Szenario 1: Das Virus läuft sich tot
"Das Coronavirus breitet sich schnell aus und führt schockartig zu einer kurzen Krise", beschreibt Dr. Funk das Schock-mit-Kurzkrise-Szenario. Strenge Quarantäne- und Einreisebestimmungen an Grenzen und Flughäfen sorgen dafür, dass die Infektionskette abreißt und sich die Lungenkrankheit nicht mehr weiterverbreiten kann.
Das passiert dann, wenn immer mehr Infizierte den Virus abwehren und nicht mehr weiter übertragen können. So war es beispielsweise 2002/03 bei der SARS-Pandemie (8000 Infizierte, 774 Tote) der Fall, als das Virus plötzlich verschwand.
Als "besiegt" gilt ein Virus aber erst dann, wenn zwei Inkubationszeiten lang keine neuen Fälle aufgetreten sind - beim Coronavirus mit 14 Tagen Inkubationszeit also einen Monat lang.
Wirtschaft: "Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind entweder schnell überwunden", sagt Dr. Funk. Bremsspuren in der globalen Konjunktur wären lediglich im ersten Quartal zu verzeichnen.
Der kurze Einbruch kann rasch aufgeholt werden. "Oder der Corona-Schock ist Initialzündung für signifikante wirtschaftliche Turbulenzen, die sich trotz abklingender Folgen im Gesundheitsbereich weiter fortsetzen."
Wahrscheinlichkeit: mittel bis hoch.
Szenario 2: Das Coronavirus wird zur Volkskrankheit
Der Ausbreitungshöhepunkt wäre im April oder Mai erreicht. Doch wie eine Grippe bricht die Atemwegskrankheit Covid-19 immer wieder aus. Vor allem immunschwache und ältere Menschen sowie Patienten mit Vorerkrankungen müssen mit schweren Krankheitsverläufen rechnen.
Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (65, CDU) geht inzwischen davon aus, dass sich "langfristig 60 bis 70 Prozent der Weltbevölkerung mit dem neuartigen Coronavirus infizieren könnten". Durch Mutationen besteht jedoch die Chance, dass das Coronavirus milder wird.
Wirtschaft: "Eine länger andauernde Corona-Epidemie kann trotz eines glimpflichen Verlaufs die Wirtschaft bremsen und strukturelle Verhaltens- und Werteänderungen befördern", sagt Dr. Fink.
Besonders für den Export-Helden Deutschland hätte das gravierende Auswirkungen. "Das Risiko einer Rezession steigt von Tag zu Tag", warnt schon jetzt Dieter Kempf (67), Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).
Investitionen und Konsum werden nachhaltig belastet, Lieferketten unterbrochen. Besonders der Tourismus wird in der für viele Reiseländer wichtigen Sommersaison hart gebeutelt. Eine Rezession droht (zwei Quartale in Folge mit schrumpfender Wirtschaftsleistung). Zum Vergleich: In den fünf Rezessionen seit 1973 brach der deutsche Aktienmarkt um durchschnittlich 40 Prozent ein.
Wahrscheinlichkeit: mittel bis hoch. Dafür spricht auch der leichte Übertragungsweg durch Personen, die noch nicht erkrankt sind.
Szenario 3: Grassierende Pandemie
Das Virus breitet sich schlagartig weltweit weiter aus. Die Opferzahlen steigen. Zum Vergleich: Bei der letzten Pandemie starben 2009/10 weltweit mehrere Hunderttausend Menschen an Schweinegrippe (H1N1).
Die "Spanische Grippe" forderte zwischen 1918 und 1920 insgesamt 20 bis 50 Millionen Tote. Dr. Fink: "Viele Gesundheitssysteme können bei diesem Szenario nicht mehr adäquat reagieren und verlieren teilweise die Kontrolle." Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger sind selbst infiziert - fallen großflächig aus.
Wirtschaft: Die Auswirkungen wären verheerend. Eine schwere Wirtschaftskrise droht. Im schlimmsten aller Fälle versuchen einzelne Staaten im Alleingang, die ökonomischen und sozialen Folgen zu bekämpfen.
Der Wohlstand auf der gesamten Welt würde sich vermindern. Die Globalisierung steht zur Disposition. Firmen werden gedrängt, stärker im Heimatmarkt zu produzieren. Die Börsen stürzen weltweit ab. Lange Stagnation ist die Folge.
Wahrscheinlichkeit: eher gering.