Haben die Bauernproteste bald ein Ende?
Berlin - Die Bauernproteste dürften bald der Vergangenheit angehören. Denn der Deutsche Bauernverband (DBV) signalisiert im Streit um die Abschaffung der Steuerbefreiung für Agrardiesel ein Einlenken.
"Wir sind kompromissbereit, wenn es im Gegenzug zu Mehrbelastungen beim Kraftstoff an anderer Stelle zu realen Entlastungen kommt", sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken (61) der Welt am Sonntag. "Wir wollen unseren Mitgliedern nicht vorspielen, dass wer am lautesten schreit am besten Gehör findet."
Die Unionsfraktion im Bundestag forderte eine rasche Einigung. "Es ist ratsam, den Landwirten jetzt entgegenzukommen – nicht nur aus inhaltlichen Gründen, sondern auch, um jeglichen Radikalisierungstendenzen von Einzelnen, die nicht für die breite Masse der friedlich protestierenden Bauernschaft stehen, die Grundlage zu entziehen", sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Steffen Bilger (45).
Jeder mögliche Kompromiss müsse mit den Landwirten besprochen werden, sonst werde er sein Ziel verfehlen.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch (55) begrüßte die Bereitschaft des Deutschen Bauernverbands, jenseits der Agrardieseldebatte Kompromisse zur Entlastung der Landwirte zu suchen. Die Ampelfraktionen hätten diesen Weg begonnen, indem sie die Mitglieder der Zukunftskommission Landwirtschaft zum Diskurs eingeladen hätten.
Bauernpräsident wartet auf Antwort vom Bundeskanzler
"Wir haben uns verständigt, bis Mitte April Vorschläge im Rahmen unseres Entschließungsantrags entgegenzunehmen, der unter anderem Bürokratieentlastungen und die Marktmacht des Handels adressiert", sagte Miersch. Es spreche aber nichts dagegen, erste Eckpunkte der Entlastungen früher zu skizzieren.
Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff (58) sieht bislang noch keine Basis für eine Einigung. Er sagte am Sonntag: "Ich sehe noch keine Kompromisslinie." Ein Schreiben des Bundesverbandes Ende Januar an Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD) sei bis heute unbeantwortet geblieben.
Laut Wendorff gibt es den Vorschlag, die Steuerermäßigung beim Agrardiesel später abzuschaffen als bislang geplant. Denn erst ab 2030 sei mit alternativen Kraftstoffen zu rechnen. Bisher sieht die gesetzliche Regelung den Wegfall der Agrardiesel-Steuervorteile bis zum Jahr 2026 vor. "Es besteht der Druck, Alternativen zu suchen, bis dahin brauchen wir steuerliche Vergünstigungen." Als alternative Kraftstoffe kommen Wendorff zufolge Biodiesel, Wasserstoff und Elektroantriebe infrage.
Bauernverbände in Sachsen-Anhalt haben eine mögliche Kompromissbereitschaft des Deutschen Bauernverbands, in dem nach eigenen Angaben rund 90 Prozent der Landwirte organisiert sind, beim Agrardiesel scharf kritisiert.
Man sei nicht monatelang auf die Straße gegangen, um jetzt kleinlaut zurückzurudern, sagte Martin Dippe, Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt.
Titelfoto: Christoph Schmidt/dpa