Hunderte Gaffer filmen, wie ein Mann an der Ostsee stirbt
Travemünde - Ekelhafte Szenen haben sich am Mittwoch an der Ostsee abgespielt. Vor Travemünde wurde ein lebloser Mann im Wasser gefunden. Hunderte Schaulustige filmten und störten den Rettungseinsatz.
Gegen 16 Uhr bemerkte ein 37-jähriger Stehpaddler (SUP) in der Nähe der Seebrücke einen regungslos im Wasser treibenden Mann, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Donnerstag mitteilten. Sofort zog er ihn auf sein Board und begann mit Wiederbelebungsversuchen.
Als er am Strand eintraf, halfen weitere Urlauber und DLRG-Mitarbeiter bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Das engagierte Eingreifen konnte leider nicht den Tod des Mannes verhindern.
Anfangs waren die Todesumstände sowie die Identität des Toten unklar. Offenbar hielt der Mann sich allein am Strand auf und es gab auch keine passende Vermisstenmeldung. Daher bat die Polizei die Bevölkerung um Hilfe.
Inzwischen konnte ermittelt werden, dass es sich bei dem Toten um einen 29-Jährigen aus Hamburg handelt. Der Mann brach allein zum Badeausflug auf, war Nichtschwimmer und ertrank.
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen von einem Badeunfall aus, teilten die Behörden am Freitagnachmittag mit.
Polizei konnte gegen keinen einzigen Gaffer Ermittlungen einleiten
Der tragische Vorfall wurde durch eine hohe Zahl Schaulustiger überschattet. Aufgrund des bislang heißesten Tag des Jahres waren unzählige Badegäste am Strand. Vielen davon war offenbar die Hitze zu Kopf gestiegen, sodass sie jede Pietät über Bord warfen.
Teilweise haben die Gaffer in Begleitung ihrer Kinder den Einsatz beobachtet. Viele Menschen sollen ihn sogar gefilmt haben. Der wiederholten Aufforderung der Polizei, den Bereich zu verlassen, kamen nur wenige nach.
"Es ging sogar so weit, dass notdürftig mittels Strandlaken und Handtüchern errichtete Sichtbarrieren ignoriert und Mobiltelefone darüber gehalten wurden, um zum einen die Filmaufnahmen zu beenden und zum anderen die Sensationslust zu stillen", heißt es in der Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei.
Den eingesetzten Beamten gelang es nicht, die Personalien der Schaulustigen festzustellen, da es zu viele waren und der eigentliche Einsatzgrund lautete, Menschenleben zu retten.
Somit konnte auch kein Verfahren wegen Fotografieren oder Filmen eines Unfalls eingeleitet werden. Im Fall einer Verurteilung droht eine Geldbuße oder bis zu zwei Jahre Haftstrafe.
Erstmeldung: 21. Juli, 15.42 Uhr. Aktualisiert: 22. Juli, 14.31 Uhr.
Titelfoto: Marcus Brandt/dpa