Reporter in Geheim-Chat eingeladen: Empörung nach riesiger Regierungs-Panne
Von Christiane Jacke, Thomas Müller, Marc Kalpidis
Washington, D.C. (USA) - Die Opposition im US-Parlament will eine mutmaßliche Kommunikationspanne der Regierung untersuchen lassen, durch die ein Journalist anscheinend einen Gruppenchat zu einem geplanten Militärangriff im Jemen mitverfolgen konnte.

Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer (74), sprach auf der Plattform X von "amateurhaftem Verhalten" und forderte eine umfassende Aufarbeitung. Die Zeitung "The Hill" und der Sender ABC zitierten ihn mit den Worten, es handele sich um "eine der unglaublichsten Verletzungen" militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.
Bei der Gruppenunterhaltung führender Regierungsvertreter über die Messenger-App Signal soll es um den - da noch bevorstehenden - Angriff auf die Huthi-Miliz im Jemen gegangen sein. Der Chefredakteur des renommierten US-Magazins "The Atlantic", Jeffrey Goldberg (59), war nach eigenen Angaben versehentlich in die Gruppe aufgenommen worden und machte den Vorgang später publik. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, bestätigte, dass der Chatverlauf höchstwahrscheinlich authentisch sei. Er kündigte eine interne Prüfung an.
Der demokratische Senator und Militärexperte Jack Reed (75) erklärte, "wenn diese Geschichte wahr ist, stellt sie eines der ungeheuerlichsten Versäumnisse in Bezug auf die operative Sicherheit und den gesunden Menschenverstand dar, die ich je gesehen habe".
Militäroperationen müssten mit äußerster Diskretion und über genehmigte, sichere Kommunikationswege abgewickelt werden, denn es gehe um das Leben von Amerikanern. "Die Nachlässigkeit, die das Kabinett von Präsident Trump zeigt, ist erstaunlich und gefährlich. Ich werde sofort Antworten von der Regierung einfordern."
Militärische Einsatzpläne und Flammen-Emojis

Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist laut "Atlantic" von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen.
Goldberg beschreibt in seinem Artikel detailliert den Austausch zwischen den Beteiligten im Chat – mit exakten Uhrzeiten und Originalzitaten. Diskutiert wurden demnach sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den geplanten Schlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen. Als Gruppenmitglieder führte Goldberg unter anderem Vizepräsident J.D. Vance (40), Verteidigungsminister Pete Hegseth (44), Außenminister Marco Rubio (53) sowie weitere Kabinettsmitglieder und hochrangige Regierungsbeamte auf.
In Goldbergs Artikel fällt auch der teils informelle Ton der Chat-Protagonisten im militärischen Kontext auf.
Der Journalist schrieb, Trumps Nationaler Sicherheitsberater, Michael Waltz (51), der ihn in die Gruppe aufgenommen haben soll, habe etwa Emojis eingesetzt, um Zustimmung und Kampfgeist zu signalisieren: eine geballte Faust, eine US-Flagge und ein Flammen-Symbol.
"Niemand hat Kriegspläne getextet"

Besonders brisant: Zwei Stunden vor Beginn der Attacken am 15. März soll Hegseth selbst im Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation gemacht haben. Kurz darauf begannen tatsächlich Luftangriffe gegen Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen, die von den USA kurz zuvor wieder als ausländische Terrororganisation eingestuft worden war.
Hegseth bestritt den "Atlantic"-Bericht später vehement. "Niemand hat Kriegspläne getextet", antwortete er am Flughafen in Hawaii auf eine Reporter-Frage nach seiner Landung.
Der frühere TV-Moderator des rechtskonservativen Senders Fox News verunglimpfte Goldberg als "betrügerischen und diskreditierten sogenannten Journalisten", der es sich zum Beruf gemacht habe, eine Kampagne gegen die Regierung zu fahren und immer wieder Falschmeldungen zu verbreiten.
Hegseths Schmähungen widersprachen den Äußerungen des Sicherheitsrats-Sprechers Hughes, der den Chatverlauf als höchstwahrscheinlich authentisch bezeichnet hatte. Trump selbst hatte zuvor erklärt, er habe von dem Gruppenchat noch nicht gehört, sei aber ohnehin "kein großer Fan" des "Atlantic"-Magazins.
Titelfoto: Fotomontage: Ben Curtis/AP/dpa//Zacharie Scheurer/dpa-tmn//Mark Schiefelbein/AP/dpa