Nach unfassbarer Brutalität: Vier traumatisierte Polizisten begehen Selbstmord
Washington - Sie verteidigten das Kapitol in Washington während der Unruhen am 6. Januar, jetzt sind sie tot: In den USA haben vier Polizisten Suizid begangen, die nach der Gewaltattacke durch einen brutalen Mob mit dem Leben nicht mehr zurechtgekommen sind.
Die Polizei in Washington machte am Montag den Selbstmord von zwei weiteren Beamten bekannt. Damit sind insgesamt vier Einsatzkräfte vom 6. Januar durch Selbstmord gestorben, berichtet die "New York Post".
Einer der so tragisch aus dem Leben geschiedenen Beamten, Officer Gunther Hashida, wurde am 29. Juli tot in seinem Haus aufgefunden, bestätigte ein Polizeisprecher. Der zweite Polizist ist Kyle DeFreytag. Er wurde bereits am 10. Juli für tot erklärt.
Hashida diente 18 Jahre lang im Washington Police Department (MPD), DeFreytag fünf Jahre.
"Offizier Hashida war ein Held, der sein Leben riskierte, um unser Kapitol, die Kongressgemeinde und unsere Demokratie zu retten", sagte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (81). "Alle Amerikaner sind ihm für seinen Mut und seinen Patriotismus zu Dank verpflichtet", fügte sie hinzu.
Der MPD-Sprecher machte keine näheren Angaben zu den Todesfällen.
Schläge, Tritte, Todesangst
Zwei weitere Polizisten - Jeffrey Smith von der Washington Police und Howard Liebengood von der Capitol Police (USCP) -, die ebenfalls an der Verteidigung des US-Parlaments beteiligt waren, begingen Anfang Januar Selbstmord: Liebengood am 9. Januar, Smith erschoss sich am 15. Januar - einen Tag, nachdem er wieder zur Arbeit beordert wurde.
Die Familien der beiden Polizisten teilten damals mit, dass die Ereignisse vom 6. Januar sie verändert hätten und wiesen auf Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung hin.
Wie schlimm die Szenen des Gewaltausbruches waren, schilderten in der vergangenen Woche mehrere Zeugen: Bei der ersten Anhörung des Untersuchungsausschusses am 27. Juli zum Angriff auf das US-Kapitol haben mehrere Polizisten eindringlich ihre Erlebnisse jenes brutalen Angriffs geschildert.
Einer der Beamten, Aquilino Gonell, sagte aus, er habe an jenem Januar-Tag gedacht, er würde sterben. Er beschrieb den Gewaltausbruch "wie etwas aus einer mittelalterlichen Schlacht".
Er und seine Kollegen hätten sich mit ihren Händen gegen den gewalttätigen Mob verteidigen müssen. Dabei seien sie geschlagen, getreten und mit Chemikalien besprüht worden. Mit Hämmern und Stöcken fügten ihnen die Unruhestifter unglaubliche Schmerzen zu.
Trump spielt die Gewalt herunter
Gonell, der bei der Attacke verletzt wurde und deshalb noch immer in Behandlung sei, erzählte, früher für das US-Militär im Irak-Krieg gewesen zu sein. Doch an diesem Tag habe er mehr Angst gehabt als während seines gesamten Irak-Einsatzes, sagte er. Während seiner Aussagen kamen dem Mann immer wieder die Tränen.
Besonders schlimm sei die seelische Belastung, die hinzukomme. "Für die meisten Leute hat der 6. Januar ein paar Stunden gedauert, aber für diejenigen von uns, die mittendrin waren, hat es nie aufgehört." Die Attacke habe bei vielen ein bleibendes Trauma ausgelöst.
Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump (75) hatten am 6. Januar den Sitz des US-Kongresses in Washington erstürmt. Fünf Menschen kamen ums Leben, darunter ein Polizist.
Trump selbst verurteilte die Angriffe nicht, sondern redete sie schön: "Und es war übrigens auch eine liebevolle Menschenmenge. Es gab eine Menge Liebe. Das habe ich von allen gehört."
Weil Trump seine Anhänger aufgestachelt hatte, musste er sich später einem Amtsenthebungsverfahren stellen, wurde jedoch freigesprochen. Der Ausschuss im Kongress soll nun die Hintergründe des Angriffs untersuchen.
Titelfoto: Jim Bourg/Pool Reuters via AP/dpa