Nach Schulmassaker in Texas: Amokläufer war offenbar Mobbing-Opfer
Uvalde - Nach dem Schulmassaker in der texanischen Kleinstadt Uvalde mit 21 Toten wird zunehmend Kritik am Vorgehen der Polizei laut. Auch die Hintergründe der Tat werden zunehmend deutlich.
Der 18-jährige Salvador Ramos hatte am Dienstag an der Grundschule Robb Elementary School in der vorwiegend von Latinos bewohnten Kleinstadt 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. 17 weitere Menschen wurden verletzt, unter ihnen drei Polizisten. Der Angreifer wurde schließlich von der Polizei getötet.
Ramos hatte vor dem Angriff seiner Großmutter, bei der er wohnte, ins Gesicht geschossen und sie dabei schwer verletzt. Beide Taten hatte er nach Angaben des texanischen Gouverneurs Greg Abbott im Vorfeld auf der Online-Plattform Facebook angekündigt.
Einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNN zufolge schickte Ramos auch mehrere Nachrichten an eine Jugendliche in Deutschland. Demnach beschwerte er sich gegenüber der 15-Jährigen aus Frankfurt zunächst darüber, dass seine Großmutter mit einem US-Telefonanbieter über sein Telefon spreche.
Sechs Minuten später schrieb er laut CNN: "Ich habe meiner Großmutter gerade in den Kopf geschossen." Wenige Sekunden später schrieb er ihr dann, dass er das Feuer in einer Grundschule eröffnen werde.
CNN beruft sich bei dem Bericht auf Screenshots der Nachrichten und ein Interview mit der 15-Jährigen. Diese sagte demnach, sie habe vor zweieinhalb Wochen angefangen, sich über mehrere Apps mit dem Schützen auszutauschen. Nach eigenen Angaben sprach die Jugendliche täglich über den Chat-Dienst Facetime mit dem Angreifer.
Das Motiv des Amokschützen ist bislang unklar. Ein früherer Freund berichtete der "Washington Post", Ramos sei als Kind wegen eines Sprachfehlers schikaniert worden. Einmal habe er sich "nur aus Spaß" das Gesicht geritzt.
Ließ sich die Polizei zu viel Zeit, um den Amokläufer zu stoppen?
Eltern und Zeugen warfen den Einsatzkräften am Donnerstag vor, nicht schnell genug eingegriffen zu haben.
"Da waren mindestens 40 bis an die Zähne bewaffnete Polizisten, aber sie haben verdammt nochmal nichts unternommen, bis es viel zu spät war", sagte Jacinto Cazares, dessen Tochter bei dem Blutbad getötet wurde, dem Sender ABC. "Die Situation hätte schnell vorüber sein können, wenn sie eine bessere taktische Ausbildung gehabt hätten."
Der Pastor Daniel Myers, der sich am Dienstag am Tatort befand, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei "Zeit verloren" worden. Offenbar hätten die eingetroffenen Polizisten auf Verstärkung gewartet. "Die Eltern waren verzweifelt", sagte Myers. "Ein Verwandter hat gesagt: 'Ich war in der Armee, gebt mir einfach nur eine Waffe, ich gehe rein. Ich werde nicht zögern, ich gehe rein.'"
Ein öffentlich gewordenes Handyvideo zeigt verzweifelt schreiende Eltern, die die Beamten auffordern, die Grundschule zu stürmen, und selbst zum Gebäude vordringen wollen, von Polizisten aber zurückgehalten werden.
Nach Angaben von Behördenvertretern befand sich der Schütze möglicherweise mehr als 40 Minuten lang in dem Gebäude, bevor er schließlich von Polizisten erschossen wurde.
Das Schulmassaker mit den meisten Toten seit einem Jahrzehnt hat in den USA Entsetzen ausgelöst und eine erneute Debatte über das laxe Waffenrecht in dem Land ausgelöst.
Titelfoto: Jintak Han/ZUMA Press Wire/dpa