Erotische Hypnose, Manipulation und Drogen: Mann soll versucht haben, eigenen "Sex-Kult" aufzubauen
USA - Was passiert, wenn man dazu manipuliert wird, "willentlich" Dinge zu tun, die man eigentlich nie machen wollte? Ein Mann soll versucht haben, sich mithilfe von erotischen Hypnose-Aufnahmen, psychischer Manipulation und Drogen eine Gruppe an Menschen zu erschaffen, die Sex mit ihm nie ablehnen würden - sogar gegen ihren eigenen Willen.
"Du willst, dass ich so viel Kontrolle habe, dass ich dich verändern kann, dass ich dich umgestalten kann", soll es in einer der Hypnose-Aufnahmen lauten, die ein Mann an der Ostküste der USA Anhängerinnen und Anhängern seines eigenen "Sex-Kults" gab.
Buzzfeed News sprach mit Mitgliedern dieser Gruppe und wie es zu den ungewöhnlichen Übergriffen kommen konnte.
Alle von ihnen lernten den Mann, mit dem Pseudonym "James", zwischen 2019 und 2020 über das Internet kennen und hatten keine Erfahrungen, aber ein ausgeprägtes Interesse an der Praktik der erotischen Hypnose.
Diese ist Teil der BDSM-Szene, wo der unterwürfige Partner mittels Hypnose die Kontrolle während des sexuellen Akts aufgibt. In dieser Szene sind die "Bambi Sleep Tapes" (Deutsch: Bambi-Schlaf-Aufnahmen) ein bekanntes und umstrittenes erotisches Hypnose-Werkzeug.
Obwohl einige von ihnen begeistert sind und es sich um hochqualitativ produzierte Hypnose-Aufnahmen handelt, sind viele der Meinung, sie würden Gefahren zur Ausnutzung bergen. Die Aufnahmen sollen dazu führen, dass Zuhörer und Zuhörerinnen eine "Bimbo-Persönlichkeit" entwickeln. Bimbo ist ein oft abwertend gemeinter englischer Slang-Begriff für eine stereotypisch attraktive, sexualisierte und unintelligente Frau.
Durch die "Bambi Sleep" Aufnahmen sollen Menschen mit Triggern versehen werden, durch die sie in ihre "Bimbo-Persönlichkeit" versetzt werden und sich in einer bestimmten Ästhetik kleiden sollen, aber auch eigene Bedürfnisse und Gedanken zurückstellen und blind dem Hypnotiseur folgen.
Luke Chao, ein Hypnotherapeut aus Kanada, glaubt, darin liegt der Anreiz für viele: "Es ist das Element, sich jemandem anzuvertrauen und die Verantwortung und die Entscheidungsgewalt abzugeben." In einvernehmlichen, sicheren Austauschen werden die Grenzen aller Parteien vorher geklärt und dann gewahrt.
Mann soll Drogen benutzt haben, um Trancezustände zu erzeugen
Doch in James' Gruppe schien diese goldene Regel der BDSM-Szene keine große Rolle zu spielen.
Die Mitglieder seiner Gruppe soll er zunächst einzeln zu einem ersten Treffen mit dem Versprechen einer seichteren Hypnose eingeladen haben. Zwei Menschen sagten, James hätte sie schon in ihrer ersten Sitzung sexuell missbraucht.
Dabei waren sie eigenen Angaben nach in einem Trancezustand, weswegen sie die Übergriffe zu der Zeit nicht als solche wahrgenommen hätten.
Nach den ersten Treffen soll der Mann seine Kontrolle und damit einhergehende Gewalt mittels Hypnose über seine Gruppenmitglieder eskaliert haben.
Alle sollen sich starken und wiederholten Sitzungen unterziehen haben müssen, teils mit den "Bambi Sleep Tapes" oder auch mit welchen, die James selbst produziert haben soll.
Zunächst hatten viele von ihnen das Gefühl, an der Dynamik Gefallen zu finden. "Ich war mir bewusst, was ich tat, aber ich war einfach so entspannt, so nachgiebig. Es war wie eine außerkörperliche Erfahrung. Ich hatte das Gefühl, mein Gehirn würde zu Brei werden", beschrieb eine 25-Jährige den Zustand.
Doch nach und nach wurde ihnen mehr bewusst, dass sie viele der Dinge, die sie in ihrem Hypnosezustand machten, eigentlich nicht machen wollten. Viele hatten das Gefühl, dass James Gefallen daran fand, sie zu Sachen zu zwingen.
"Alles, wogegen ich mich nicht gewehrt habe, wollte er nicht", sagte eine 23-Jährige dazu. "Er wollte nur die Dinge, die ich nicht tun wollte. Er wollte uns nur f*****, wenn wir nicht gef**** werden wollten."
Opfer trauen sich nicht zur Polizei, aus Angst, ausgelacht zu werden
Ende 2020 begann James wohl die verschiedenen Mitglieder für Gruppenszenen zusammenzubringen.
In diesen soll er unter anderem VR-Headsets, Kopfhörer und illegale Drogen wie LSD und Ketamin verwendet haben, um Hypnosezustände hervorzurufen und vertiefen.
Diese nutzte er dann wohl, um die Teilnehmenden zu Sexakten zu zwingen, zu denen sie sonst nicht bereit gewesen wären.
Eine 22-Jährige sagte, sie sei einmal aus einer Trance erwacht und hätte ein Elektroschockhalsband umgehabt, mit dem sie bestraft wurde, wenn sie einen Fehler beging.
Außerdem hätte er damit begonnen, sie körperlich zu missbrauchen. "Die Mädchen hatten blaue Augen, ausgeschlagene Zähne, aufgeschlagene Knie - alles Mögliche", sagte die 23-Jährige.
Obwohl sich viele langsam bewusst wurden, dass sie sich in missbräuchlichen Situationen befanden, dauerte es noch länger, bis sie sich davon lösen konnten. Viele sagten, sie hätten sich durch ihre Beziehung zu James von ihren anderen Bekanntenkreisen entfremdet. Außerdem hätte er sich Zugriff auf sensible Daten von ihnen verschafft, weswegen sie Angst hatten, ihn zu verlassen.
Im Dezember 2021 begann sich eine 31-Jährige der Gruppe langsam von James zu lösen, nachdem sie wohl aufgehört hatte, die Hypnose-Aufnahmen zu hören, und sich bewusst machte, was mit ihr wirklich geschah. Kurz darauf, im Frühling und Sommer 2022, verließ der Rest ihrer Gruppe James.
Zur Polizei hätten sie sich bisher noch nicht getraut, aus der Angst heraus, nicht ernst genommen zu werden. Allerdings versuchen sie auf BDSM-Webseiten, andere vor ihm zu warnen. Inzwischen sind drei andere Menschen mit ähnlichen Anschuldigungen gegenüber James an die Öffentlichkeit gegangen. Diese Übergriffe sollen sich unter anderem Ende 2022 und Anfang 2023 zugetragen haben.
Die ehemaligen Gruppenmitglieder versuchen sich nun für ein besseres Verständnis von erotischer Hypnose einzusetzen, in der Hoffnung, andere vor solchem Missbrauch zu schützen.
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