Entsetzen und Unverständnis: Oberstes US-Gericht kippt liberales Abtreibungsrecht
Washington - Der Oberste Gerichtshof der USA hat nach fast einem halben Jahrhundert das liberale Abtreibungsrecht in den Vereinigten Staaten gekippt. Die weitreichende Entscheidung hat schwerwiegende Konsequenzen für Schwangere im Land.
Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court in Washington machte am Freitag den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen Bundesstaaten. US-Präsident Joe Biden (79) nannte die Entscheidung einen "tragischen Fehler". Einige fürchten, dass künftig auch die gleichgeschlechtliche Ehe oder das Recht auf Verhütung auf den Prüfstand kommen könnten.
Mit der Entscheidung des Gerichts ist das bisherige Recht auf Abtreibung aus dem Jahr 1973 in den USA Geschichte. Das Urteil gilt als politisches Erdbeben - es werden massive Proteste erwartet. In etwa der Hälfte der Bundesstaaten dürfte es nun zu weitgehenden Einschränkungen bis hin zu Verboten von Schwangerschaftsabbrüchen kommen.
"Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung", heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung ist keine Überraschung: Anfang Mai war ein Entwurf dazu öffentlich geworden. Daraus ging bereits hervor, dass das Gericht so entscheiden will. Das Urteil ist nun so drastisch wie erwartet.
Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen sind aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Woche.
Titelfoto: dpa/Jose Luis Magana