Bessere Löhne und Arbeitsbedingungen? USA setzt lieber auf Kinderarbeit in Bars und Fabriken
Madison (USA) - Mit 14 im Fleischkühler schuften? Oder vielleicht lieber eine Schicht in einer industriellen Wäscherei? In den USA geht das! Einige Politikerinnen und Politiker arbeiten dort gerade aktiv daran, Kinderschutzgesetze abzubauen - denn Kinder und Jugendliche sind fügsame und billige Arbeitskräfte. Gleichzeitig sind Verstöße gegen die Kinderarbeitsschutzgesetze in den vergangenen Jahren rasant angestiegen.
Das Vorhaben, die Rechte von Kindern systematisch abzubauen, welches hauptsächlich von der rechten republikanischen Partei angeführt wird, wirkt wie ein weiterer Versuch, faire Arbeitslöhne und menschengerechte Arbeitsbedingungen zu umgehen, berichtete CBS.
Kinder und Jugendliche akzeptieren eher niedrige Löhne und sind weniger bereit, sich gewerkschaftlich zu organisieren oder auf bessere Arbeitsbedingungen zu drängen, so Reid Maki von der Child Labor Coalition, einem in Washington ansässigen Advocacy-Netzwerk.
Ein Report des Economic Policy Institute, ein unparteiischer, nicht gewinnorientierter Thinktank, der Wirtschaftsforschung betreibt und die wirtschaftlichen Auswirkungen von gesetzlichen Maßnahmen analysiert, fand heraus, dass während der vergangenen zwei Jahre staatliche Gesetzgeber in mindestens zehn Bundesländern angefangen haben, Kinderarbeitsschutzgesetze abzubauen.
Einige Gesetzesentwürfe wurden durchgedrückt, andere abgelehnt. Zurzeit werden unter anderem aktiv in Ohio, Iowa und Wisconsin Lockerungen der Schutzgesetze von Kindern diskutiert und zum Teil verabschiedet.
In Wisconsin liegt ein Gesetzesentwurf vor, der Kindern ab einem Alter von 14 Jahren mit dem Einverständnis ihrer Eltern erlauben würde, Alkohol in Bars und Restaurants auszuschenken. Damit wären sie der Bundesstaat mit der niedrigsten Altersgrenze für solche Tätigkeiten, so das Nationale Institut für Alkoholmissbrauch und Alkoholismus.
In Ohio versuchen Politikerinnen und Politiker, es Kindern im Alter von 14 und 15 Jahren zu ermöglichen, bis 21 Uhr während der Schulzeit zu arbeiten. Da dies aber auf Bundesebene verboten ist, haben sie außerdem in einer Begleitmaßnahme den US-Kongress aufgefordert, diese Gesetze zu ändern.
Verstöße gegen Kinderarbeitsschutzgesetze seit 2018 um 70 Prozent angestiegen
Auch in anderen Bundesstaaten gab es ähnliche Vorhaben, von denen CBS berichtete.
Iowas republikanische Gouverneurin Kim Reynolds (63) unterzeichnete vergangenes Jahr ein Gesetz, welches Jugendlichen unter 18 erlaubt, ohne Beaufsichtigung in Kinderbetreuungseinrichtungen zu arbeiten.
Zudem liegt ihr ein Gesetzentwurf vor, das laut dem US-amerikanischen Arbeitsministerium gegen Bundesgesetze verstößt.
So würde das Gesetz Kindern zum Beispiel ermöglichen, ab einem Alter von 14 Jahren in Gefrierhallen und Fleischkühlern zu arbeiten und ihre erlaubte Arbeitszeit in industriellen Wäschereien und an Fließbändern verlängern.
Arkansas republikanische Gouverneurin Sarah Huckabee Sanders (40) unterschrieb diesen März ein Gesetz, das Arbeitsgenehmigungen für Kinder unter 16 Jahren eliminiert.
Dies befreit Arbeitgeber davon, das Alter von Kindern und das Einverständnis ihrer Eltern zu überprüfen. So könnten sie bei Verstößen leichter Unwissenheit vorschieben.
Laut dem Arbeitsministerium sind Verstöße gegen die Kinderarbeitsschutzgesetze seit 2018 um 70 Prozent angestiegen. Aber sogar die bestehenden Gesetze sind vielen nicht weitgreifend genug. So dürfen beispielsweise Kinder ab einem Alter von zwölf Jahren zu jeder Zeit außerhalb der Schule in Agrareinrichtungen tätig sein.
Jugendliche ab 16 Jahren dürfen sogar schwere Maschinen bedienen oder in riskanten Höhen arbeiten - gefährliche Aufgaben, die in anderen Branchen nur Erwachsenen erlaubt sind.
Arbeitsbedingungen und Löhne bauen seit Jahrzehnten in den USA ab
Real-Löhne haben in den Vereinigten Staaten über die vergangenen Jahrzehnte hinweg stetig abgebaut. 2022 befand sich der gesetzliche Mindestlohn auf dem niedrigsten Wert in 66 Jahren, berichtete ebenfalls das Economic Policy Institute.
Laut Brookings, ein unparteiischer, nicht gewinnorientierter Thinktank, der Wirtschafts- und Politikforschung betreibt, ist der Arbeitsmarkt für Arbeitnehmende außerdem prekärer geworden.
Dies liegt an der abnehmenden gewerkschaftlichen Organisierung, abgebauten Arbeitsrechten, abnehmendem Arbeitsschutz und zunehmendem Outsourcing ins Ausland.
Viele sehen das Vorhaben, Kinder und Jugendliche mehr Arbeit mit weniger Schutzmechanismen auszusetzen, als einen weiteren Schritt an, Arbeitnehmenden Macht zu nehmen.
So bezeichnete Margaret Wurth, eine Kinderrechtsforscherin von Human Rights Watch, Gesetze wie das in Arkansas als "Versuche, sichere und wichtige Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz zu untergraben und die Macht der Arbeitnehmer zu beschneiden".
"Es gibt Arbeitgeber, die von fügsamen, jugendlichen Arbeitnehmern profitieren", sagte Maki dazu.
Zusätzlich betonte sie, dass Jugendliche eine leichte Zielgruppe für Industrien sind, die auf vulnerable Bevölkerungsgruppen wie Migranten und ehemalige Strafgefangene angewiesen sind, um gefährliche Jobs zu besetzen.
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