Ärger nach Klo-Urteil: Hier müssen Mitarbeiter beim WC-Gang ausstempeln!

Neuenburg (Schweiz) - Ein Urteil eines Schweizer Kantonsgerichts sorgt derzeit für Unmut: Die Uhrenfirma "Jean Singer & Cie SA" schaut beim Gang auf die Toilette ganz genau auf die Uhr und darf Toilettenpausen ihrer Angestellten als Arbeitszeit abrechnen!

Der Gang zum WC: für manch einen Mitarbeiter in der Schweiz wenig entspannt. (Symbolfoto)  © 123RF/punsayaporn

Wie eine Recherche von "Radio Télévision Suisse (RTS)" ergab, geht der aufsehenerregende Fall auf eine COVID-19-Kontrolle aus dem Jahr 2021 zurück. Das Büro für Beziehungen und Arbeitsbedingungen in Neuenburg (ORCT) bemerkte, dass es in der Uhrenfirma eine Stempelpflicht für jede WC-Pause gibt - laut ihrer Einschätzung nicht rechtens.

Im Januar 2022 forderte das ORCT die Firma auf, dies zu unterlassen. Das lehnte "Jean Singer & Cie SA" ab. Das Amt verbot dem Unternehmen die Toiletten-Praxis daraufhin mit der Begründung, dass "Arbeitsunterbrechungen, die physiologischen Bedürfnissen entsprechen, nicht als Pausen betrachtet werden können", da sie nicht der Erholung dienen.

Die Stempelpflicht könne laut ORCT das Personal verleiten, sich zurückzuhalten oder keine Flüssigkeit zu sich zu nehmen - was zu "ernsthaften physiologischen Störungen führen kann".

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Der Fall landete vor dem Neuenburger Kantonsgericht. "Jean Singer & Cie SA" bekam recht. Das Gericht lieferte als Begründung, dass "der Begriff der Pause im Gesetz nicht klar definiert ist. Es handelt sich um eine eigentliche Lücke in dem Sinne, dass der Gesetzgeber einen Punkt nicht geregelt hat, obwohl er es hätte tun müssen." Trotz des Urteils ist das Gericht jedoch der Meinung, dass die Stempelpflicht Frauen diskriminiert.

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Können das auch deutsche Firmen von ihren Angestellten verlangen?

Die Schweizer Uhrenfirma "Jean Singer & Cie SA" schaut beim Toilettengang ihrer Mitarbeiter genau hin. (Symbolfoto)  © 123RF/dragomirescu

"Sie sind mit dem Menstruationszyklus konfrontiert, der mit der Menstruation beginnt. Dieses physiologische Phänomen erfordert die Einhaltung grundlegender Hygieneregeln und damit häufigere oder längere Toilettengänge", so das Gericht. Jetzt soll die Uhrenfirma ihre Regelung zumindest nachbessern.

Neuenburger Staatsrätin Florence Nater drückte ihren Ärger gegenüber RTS aus: "Ich hoffe natürlich, dass dieses Urteil keine Nachahmer in anderen Unternehmen findet, die versucht sein könnten, diese Art von Praktiken anzuwenden. Es wäre immerhin ein besonderes Signal, das den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gegeben würde."

Der Arbeitgeberverband zeigt sich ebenfalls wenig begeistert. "Es ist nicht die Richtung, in die es gehen sollte", so Geschäftsleitungsmitglied Barbara Zimmermann-Gerster gegenüber dem "Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)".

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Schauen bald auch deutsche Arbeitgeber genau hin, wann und wie lange ihre Mitarbeiter auf die Toilette gehen? In Deutschland dürfen Arbeitgeber grundsätzlich nicht das Ausstempeln beim Toilettengang verlangen. Laut "AHS Rechtsanwälten" wäre dies ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht. Sie dürfen jedoch dagegen vorgehen, falls ihre Angestellten das stille Örtchen besonders häufig und sehr lange besuchen.

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