Was die Russland-Sanktionen für Sachsens Wirtschaft bedeuten

Dresden - Aktuell scheint der Frieden in der Ukraine in weiter Ferne, auch wenn Amerikas Präsident Donald Trump (76) den Krieg schnell beenden will oder wollte. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) schielt gen Osten. Er kritisierte neulich die Sanktionen gegen Russland. Was geht eigentlich derzeit in Sachen Wirtschaft? Ein Zwischenstand.

Auch der Antriebehersteller VEM Sachsenwerk (Dresden) steht auf der IHK-Russland-Liste.
Auch der Antriebehersteller VEM Sachsenwerk (Dresden) steht auf der IHK-Russland-Liste.  © dpa/Monika Skolimowska

Lange lag die Russische Föderation mit ihrem großen Modernisierungsbedarf im Fokus sächsischer Unternehmen.

Entsprechende Initiativen förderte der Freistaat sogar. Für den Gemeinschaftsstand auf der wichtigsten Maschinenbaumesse in Osteuropa und den GUS-Staaten, der Metalloobrabotka Moskau, flossen von 2014 bis 2019 und 2021 insgesamt knapp 620.000 Euro. Mit weiteren rund 370.000 Euro unterstützte die Wirtschaftsförderung Unternehmerreisen.

Unmittelbar nach dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 beendete man jegliche Unterstützung für wirtschaftliche Aktivitäten in Russland.

Anschlag auf Kreml-Limousine? Explosion erschüttert Moskau
Russland Anschlag auf Kreml-Limousine? Explosion erschüttert Moskau

Trotz der zahlreichen Sanktionspakete pflegen Unternehmen mit Sitz im Freistaat wirtschaftliche Beziehungen nach Russland. Einer Datenbank der Industrie- und Handelskammer (IHK) zufolge unterhalten 18 Unternehmen in der Russischen Konföderation eine Niederlassung, 194 tätigen Geschäfte im Im- und/oder Export.

Der Antriebehersteller VEM Sachsenwerk (Dresden) etwa, die Deutschen Werkstätten Hellerau (Dresden) oder die Lanitz-Prena Folien Factory (Leipzig). Wie zuverlässig die Angaben sind, ist unklar.

2019 traf sich Kretschmer mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (72, r.) bei einem Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Kürzlich kritisierte Kretschmer die Sanktionen gegen Russland.
2019 traf sich Kretschmer mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (72, r.) bei einem Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Kürzlich kritisierte Kretschmer die Sanktionen gegen Russland.  © dpa/Alexei Nikolsky

Landesregierung steht hinter Sanktionen der Europäischen Union

Im November 2022 besuchte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU, 2.v.r.) das Walzenwerk Coswig. Die Firma steht auf einer IHK-Liste von sächsischen Firmen, die Handelsbeziehungen mit Russland unterhalten. Das Unternehmen dementiert.
Im November 2022 besuchte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU, 2.v.r.) das Walzenwerk Coswig. Die Firma steht auf einer IHK-Liste von sächsischen Firmen, die Handelsbeziehungen mit Russland unterhalten. Das Unternehmen dementiert.  © Petra Hornig

Die DIHAG Holding gab auf TAG24-Nachfrage an, keine Kontakte nach Russland zu unterhalten. Zur Holding gehört die Walzengießerei Coswig, die ebenfalls auf der IHK-Liste steht.

Bei der Kammer war aktuell niemand zu erreichen, der den augenscheinlichen Widerspruch hätte aufklären können.

Und in Zukunft? Auch angesichts der vollmundigen Ankündigungen Trumps zur Beendigung des Ukraine-Kriegs gibt es derzeit keine wahrnehmbaren Initiativen, den Handel mit Russland wieder anzukurbeln. Die Landesregierung steht vollumfänglich hinter den Sanktionen der Europäischen Union.

Schock in Russland: Putins Kriegs-Reporterin (†35) ist tot!
Russland Schock in Russland: Putins Kriegs-Reporterin (†35) ist tot!

"Ministerielle Kontakte nach Russland" oder "Pläne für zukünftige Reisen oder wirtschaftliche Kooperationen" gäbe es nicht, so das Wirtschaftsministerium.

Auch die Unternehmen selbst halten sich zurück. Anfragen zu Russland registrierten nach eigenen Angaben weder der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft noch die Wirtschaftsförderung Sachsen.

Raus aus der Zwickmühle

TAG24-Redakteur Thomas Staudt.
TAG24-Redakteur Thomas Staudt.  © Eric Münch

Ein Kommentar von Thomas Staudt

Die Wirtschaft - global, in Deutschland, aber auch in Sachsen - ist wegen der Zollpolitik des US-amerikanischen Präsidenten in heller Aufregung. Trump kündigt an einem Tag drastische Maßnahmen an und setzt sie kurz danach wieder aus. In diesem Hü- und Hott-Spiel weiß keiner, worauf noch Verlass ist.

Damit scheint sich ein bisher als sicher und berechenbar geltender Markt zumindest auf längere Zeit zu schwierigem Gelände zu entwickeln. Sächsische Unternehmen sind verunsichert, der sächsische Verbraucher erst recht.

Zölle bedeuten in der Regel weniger Absatz und höhere Preise. Die sind seit Corona und besonders seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine im Dauerhoch. Dass angesichts dessen der Wunsch einer Normalisierung der Beziehungen - nichts anderes verbirgt sich hinter der Kritik des sächsischen Regierungschefs an den Sanktionen - groß ist, ist nur zu verständlich.

Mit bezahlbarem Öl und Gas aus Russland würde sich hierzulande das eine oder andere Problem leichter lösen lassen. Und dennoch sind die EU-Sanktionen alternativlos. So lange Putin einen Angriffskrieg führt, sind "normale" politische oder wirtschaftliche Beziehungen zu Russland nicht vorstellbar.

Auch wegen fehlender Verlässlichkeit tendieren die Ambitionen vieler sächsischer Firmen auf ein potenzielles Russlandgeschäft derzeit gegen null. Fehlende Verlässlichkeit kennzeichnet unter Trump jedoch auch das Verhältnis mit den USA.

Vorbei die Zeit des solidarischen "großen Bruders". Europa, Deutschland, Sachsen werden sich nur mit eigener, mit noch zu entwickelnder Stärke aus dieser Zwickmühle manövrieren können.

Titelfoto: Bildmontage: dpa/Monika Skolimowska, dpa/Alexei Nikolsky

Mehr zum Thema Russland: