Vor Nawalnys Tod: Putin soll Angebot für Gefangenentausch erhalten haben
Moskau/Berlin - Der im russischen Straflager ums Leben gekommene Kremlgegner Alexej Nawalny (†47) hätte Angaben seines Teams zufolge gegen den in Deutschland inhaftierten Tiergartenmörder ausgetauscht werden können.
"Nawalny sollte in den nächsten Tagen freikommen, weil wir eine Entscheidung zu seinem Austausch erreicht hatten", sagte die politische Direktorin des Nawalny-Fonds für die Bekämpfung der Korruption, Maria Pewtschich, am Montag in einem auf YouTube veröffentlichten Video.
Anfang Februar sei Kremlchef Wladimir Putin (71) ein Angebot unterbreitet worden, wonach der im Dezember 2021 in Deutschland verurteilte Tiergartenmörder Wadim K. an Russland übergeben hätte werden können - im Austausch gegen Nawalny und zwei US-Amerikaner.
Wer genau an der Ausarbeitung dieser vermeintlichen Austauschpläne beteiligt gewesen sein soll und wie konkret sie waren, sagte Pewtschich nicht. Von der Bundesregierung gab es zunächst keine Angaben dazu.
Pewtschich warf Putin vor, daraufhin persönlich die Tötung Nawalnys angeordnet zu haben. Er habe Nawalny um keinen Preis freigeben wollen. Er habe erkannt, dass der Westen bereit sei, Wadim K. auszutauschen und dann entschieden, Nawalny als Tauschobjekt loszuwerden, vermutet Pewtschich.
"Das ist das absolut unlogische, irrationale Verhalten eines verrückten Mafiosi", sagte sie.
Wadim K. hat 2019 in Berlin einen Exil-Tschetschenen ermordet. K. soll den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt haben. Immer wieder war spekuliert worden, dass Putin ihn im Zuge eines Gefangenenaustauschs freibekommen wollte. Zuletzt hatte er dies in einem Interview mit dem US-Talkmaster Tucker Carlson quasi bestätigt.
Scholz: Russisches Regime hat Nawalny getötet
Bundeskanzler Olaf Scholz (65) hat indes Putin für Nawalnys Tod verantwortlich gemacht.
"Auch ich gehe wie alle anderen davon aus, dass es das Regime war, das ihn getötet hat", sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin bei der dpa-Chefredaktionskonferenz. Russland sei eine Diktatur. "Sein Tod ist jetzt die Konsequenz einer Diktatur."
Es sei schwer zu sagen, ob Nawalnys Tod die Opposition schwächen oder stärken werde, sagte Scholz.
"Auf alle Fälle ist klar, dass all diejenigen, die oppositionell sind, sehr viel Mut brauchen." Dies sei noch gefährlicher geworden als bei seinem letzten Besuch in Moskau.
"Gleichzeitig sehen wir, dass sich der russische Präsident und alle die, die ihn politisch unterstützen, sehr fürchten."
Das sei daran zu sehen, dass der einzige Bewerber für die Präsidentschaftswahl mit oppositioneller Zustimmung von der Wahl ausgeschlossen worden sei.
Titelfoto: Pavel Golovkin/AP/dpa