Russland soll Brandsätze in Luftfracht verschickt haben: "Hier geht's nur noch um die Wirkung"

Leipzig - Seit einiger Zeit schon warnen europäische Sicherheitsbehörden vor unkonventionellen Brandsätzen, die von Unbekannten über Frachtdienstleister offenbar in die ganze Welt verschickt werden. Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung konnten Ermittler eine Attacke im vergangenen Juli nun bis zum russischen Geheimdienst zurückverfolgen. Eine neue ARD-Doku deckt das Vorgehen auf.

Wartung eines DHL-Fliegers am Flughafen Leipzig-Halle. Einer neuen ARD-Doku zufolge ist im Juli 2024 an dem Airport offenbar ein von Russland verschickter Brandsatz hochgegangen.  © Hendrik Schmidt/dpa

20. Juli 2024. In einem Container am Leipziger Flughafen gerät ein mit Massagekissen und Sexspielzeug gefülltes Paket in Brand. Einen Tag später brennt ein Laster auf dem Gelände eines Transportunternehmens. Auslöser war offenbar ein Paket vom selben Absender wie aus der Messestadt. Am 22. Juli dann ein dritter Paketbrand, diesmal auf einem DHL-Gelände in der Nähe des Flughafens Birmingham.

Die Behörden gehen zunächst von Unfällen aus, doch dann erkennen Brandermittler und Sicherheitsdienste Zusammenhänge, wie es in der Doku "Sabotage - Deutschland in Putins Visier" heißt.

Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sollen Sabotage-Vorfälle wie Ausspäh-Aktionen, Vandalismus und Brandanschläge deutlich zugenommen haben - sowohl in Deutschland als auch im Rest Europas. Die Sicherheitsbehörden verdächtigen Russland, für dutzende Vorfälle verantwortlich zu sein.

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Die Vorfälle im Juli vergangenen Jahres sollen dabei nur ein Beispiel sein. So berichtete CNN im selben Monat über Anschlagspläne des russischen Geheimdienstes auf Armin Papperger, Chef des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst BND wurden entsprechend informiert.

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Nur der Zufall verhinderte Schlimmeres in Leipzig

BND-Präsident Bruno Kahl (62) befürchtet, dass nicht mehr davor zurückgescheut werde, Menschenleben zu gefährden oder ganz gezielt aufs Spiel zu setzen.  © Britta Pedersen/dpa

Russland führt längst einen hybriden Krieg gegen Deutschland und Europa. "Das ist einerseits eine Demonstration von Macht und zum anderen geht es um die Verunsicherung der Gesellschaft, die Verunsicherung der Politik", sagt BND-Präsident Bruno Kahl (62) in der Doku. "Letztendlich mit dem Ziel, die Politik davon abzuhalten, die Ukraine zu unterstützen."

Putin setze dabei auf sogenannte "Wegwerf-Agenten", die keine offiziellen Mitarbeiter eines Geheimdienstes sind. Normale Menschen, die mitten unter uns leben und über Messengerdienste wie Telegram angeworben werden, um für geringe Geldbeträge augenscheinlich harmlose Aufgaben zu erfüllen. Auch die Brand-Pakete seien von ebensolchen Männern vorbereitet und dann verschickt worden. Einige von ihnen sitzen inzwischen hinter Gittern. Was die Ermittlungen für die Behörden schwierig macht: Viele der mutmaßlichen Beteiligten wissen nicht einmal, wofür sie benutzt werden.

In Leipzig war das Paket offenbar kurz davor, in einen Flieger nach London verladen zu werden. Dass es nicht an Bord der Maschine Feuer fing, war demnach reiner Zufall und wurde nur dadurch verhindert, dass sich der Flug verzögerte.

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BND-Präsident Kahl befürchtet, dass nicht mehr davor zurückgescheut werde, Menschenleben zu gefährden oder ganz gezielt aufs Spiel zu setzen. "Die Probleme ergeben sich daraus, dass eine etwas größere Hemmungslosigkeit besteht. Man ist nicht mehr darauf bedacht, nur noch Profis loszuschicken. Hier geht's nur noch um die Wirkung. Völlig egal, ob jemand entdeckt wird oder nicht. Insofern steht der Wille Schaden zuzufügen im Vordergrund. Das macht die Sache so unangenehm."

"Sabotage - Deutschland in Putins Visier" läuft am heutigen Mittwoch ab 22.50 Uhr im Ersten und ist bereits jetzt als Video-on-Demand in der ARD-Mediathek verfügbar.

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