Kreml-Pläne geleaked: So manipuliert Putin die Russland-Wahl
Moskau - Mitte März sind Wahlen in Russland. Geleakte Dokumente zeigen jetzt, mit welchem enormen Aufwand der Kreml Wladimir Putins fünfte Wiederwahl sichern will.
Am 17. März wird sich Putin wieder zum Präsidenten wählen lassen. Interne Dokumente, die zuerst dem estnischen Medium "Delfi" zugespielt und später unter anderem mit dem ZDF und dem Spiegel geteilt wurden, belegen, dass der Kreml nichts dem Zufall überlassen will.
Die Leaks stammen direkt aus der Präsidialverwaltung, genauer aus dem Verantwortungsbereich vom stellvertretenden Leiter Sergej Kirijenko (61).
Die Präsentationen, Exceltabellen, Strategiepapiere und Budgetplanungen zeigen, wie Putin und seine Entourage die russische Bevölkerung systematisch von nicht konformen Informationen abschirmen, manipulieren und beeinflussen.
Damit das offizielle Wahlergebnis ähnlich solide wie 2018 (77 Prozent der Stimmen für Putin) ausfällt, gibt die russische Spitze Hunderte Millionen Euro aus.
Für 2024 ist laut den Dokumenten ein Budget von insgesamt 1,1 Milliarden geplant. Auch die entscheidenden Verantwortlichen wurden durch die Leaks enthüllt: meist Ministerpräsident Michail Mischustin (57), hin und wieder Wladimir Putin selbst.
Drei Punkte sollen den internen Papieren zufolge besondere Priorität haben: die Präsidentschaftswahlen, der "Informations- und Ideologiekrieg", die "Neuen Regionen" - ein Kreml-Synonym für die besetzten ukrainischen Gebiete.
Die Präsidentschaftswahlen
Bereitgestellt wird das Geld nach Informationen aus einem Schlüsseldokument vom September 2023 durch eine Art Nachtragshaushalt, in dem zahlreiche Projekte und Budgets aufgelistet sind.
Etwa 432 Millionen Euro fließen in Maßnahmen, die präzise auf die Präsidentschaftswahl zugeschnitten sind. So gehen rund 179 Millionen Euro beispielsweise an das "Institut für Internetentwicklung", kurz IRI.
Die vermeintlich unabhängige Organisation produziert seit 2020 auf Anweisung Moskaus "Inhalte zur geistigen und moralischen Bildung junger Menschen."
Mit dem Geld soll die IRI nun vor allem "nationale Inhalte", wie die gerade angelaufene Agentenserie "DDR" fördern.
Die Serie soll, so steht es in den Unterlagen, "ein positives Bild eines Staatssicherheits-Mitarbeiters" vermitteln. Der Held der Serie erinnert nicht zufällig an den jungen Wladimir Putin.
Der "Informations- und Ideologiekrieg"
Der zweite priorisierte Bereich hat Putins Präsidialverwaltung mit "Informations- und Ideologiekrieg" überschrieben. Dabei geht der Großteil des Budgets, mehr als 69 Millionen Euro, 2024 an die Organisation "Dialog Regionen".
Die Putin-treue Organisation soll den Austausch zwischen den Bürgern und der Regierung in allen Bereichen Russlands verbessern,
Außerdem sollen mit dem Geld sogenannte "Regionale Verwaltungszentren" in den besetzten Gebieten aufgebaut werden.
Der Kreml fordert "gezielte Werbung" und "wichtige analytische Produkte für die Wahlvorbereitung", so eine interne Notiz.
Die "Neuen Regionen"
Die dritte Säule, auf die sich der Kreml konzentriert, spiegelt vermutlich die Angst der russischen Führung vor jeglichem Widerstand aus der Bevölkerung wider. Und das, obwohl es keine ernsthafte politische Opposition gibt und Putin jeden, der ihm ansatzweise gefährlich werden könnte, aus dem Land getrieben, wegsperrt oder umgebracht hat.
Zehn Millionen Euro hat der Kreml budgetiert, um in den besetzten Gebieten "der Verbreitung verbotener Informationen entgegenzuwirken" und "verbotene Inhalte zu blockieren". 67 Teams wechseln demnach unter Hochdruck Satellitenschüsseln aus, um das ukrainische durch russisches Staats-Fernsehen zu ersetzen.
"Es geht im Grunde darum, alle Erinnerung an die Ukraine, das Ukrainisch-Sein, die ukrainische Geschichte zu verdrängen. Und hier will man in kürzester Zeit sicherstellen, dass die Verbindungen und auch die Erinnerung an die Ukraine gekappt werden", erklärt Osteuropa-Expertin Gwendolyn Sasse vom Berliner Zentrum für Osteuropa- und Internationale Studien.
Besonders erschreckend: In den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine soll eine Überwachungssoftware mindestens 80 Prozent aller Social-Media-Accounts genauestens im Blick behalten. Ziel sei, frühzeitig "über aufkommende Bedrohungen und neue destruktive Erscheinungen zu informieren".
Glaubt man den Informationen, überwacht das Programm bereits jetzt über 50 Millionen Profile. Das wäre etwa jeder dritte Russe.
Titelfoto: Alexander Kazakov/POOL/AFP