Vorbei an Russland: Polen eröffnet neuen Kanal zur Ostsee
Skowronki (Polen) - Polen eröffnet am heutigen Samstag einen neuen ein Kilometer langen Kanal, der das Frische Haff mit der Ostsee verbinden soll. Damit können Schiffe künftig direkt den Hafen von Elblag (dt. Elbing) anlaufen. Das erspart ihnen den langen Umweg um die Frische Nehrung (eine 70 Kilometer lange Landzunge) und die Fahrt durch russische Hoheitsgewässer, da der nördliche Teil des Frischen Haffs zum Gebiet Kaliningrad gehört.
Gekostet hat allein der Durchstich 992 Millionen Zloty – umgerechnet 210 Millionen Euro. In weiteren Bauabschnitten muss noch eine Fahrrinne durch das Haff angelegt und der Fluss Elblag ausgebaggert werden. Die Gesamtkosten werden auf 2,2 Milliarden Zloty geschätzt - fast eine halbe Milliarde Euro.
Umweltverbände kritisieren den Bau. Im Bodensediment des Haffs hätten sich Stickstoffverbindungen und Phosphate aus der Landwirtschaft abgelagert, so Krzysztof Cibor von Greenpeace Polska.
"In dem Moment, wo die Fahrrinne ausgebaggert wird, werden diese Substanzen aufgewirbelt. Das könnte eine Algenblüte auslösen - welche tragischen Konsequenzen das hat, haben wir kürzlich beim Fischsterben in der Oder gesehen."
Zudem schneide man Rehen, Wildschweinen und Elchen im Nordosten den Weg zum restlichen Land ab.
Auch Verkehrsexperte Wlodimierz Rydzkowski von der Universität Danzig ist skeptisch.
Kanal-Neubau nur für Sportboote interessant?
Der Kanal könne Schiffe mit einer Länge von maximal 100 Metern, einer Breite von bis zu 20 Metern und einem Tiefgang von maximal 4,5 Metern aufnehmen. "Das erlaubt den Einsatz von Schiffen von bis zu 3500 Tonnen Tragfähigkeit. So kleine Frachtschiffe gibt es nicht auf der Ostsee. Die fahren auf dem Rhein."
Außerdem gebe es im nur 60 Kilometer entfernten Danzig einen modernen Tiefwasserhafen. Den neuen Kanal bezeichnet Rydzkowski deshalb als "Fantasie von PiS-Chef Kaczynski".
"Das sind reine Prestigeüberlegungen, um den Russen zu zeigen, dass wir unseren Weg vom Haff zur Ostsee haben." Chancen sehe er nur für Sportboote.
Titelfoto: Adam Warzawa/PAP/dpa