Niederlande in der Kritik: Zu viele geistig Behinderte und Autismus-Patienten sterben durch Euthanasie!

Niederlande - Die Kingston Universität in England hat erschreckende Zahlen in den Niederlanden aufgedeckt: Offenbar wird dort die Sterbehilfe bei Menschen mit Autismus oder geistigen Behinderungen, legal praktiziert. Trotz strenger Euthanasie-Regelungen befinden sich auch unter 30-Jährige unter den getöteten Patienten.

In der Regel sind Patienten, welche Sterbehilfe in Anspruch nehmen körperlich sterbenskrank und/oder alt. Untypisch viele junge Menschen, die "nur" an psychischen Erkrankungen bzw. Spektrum-Störungen litten, starben in den Niederlanden auf diese Weise.
In der Regel sind Patienten, welche Sterbehilfe in Anspruch nehmen körperlich sterbenskrank und/oder alt. Untypisch viele junge Menschen, die "nur" an psychischen Erkrankungen bzw. Spektrum-Störungen litten, starben in den Niederlanden auf diese Weise.  © Sebastian Kahnert/ZB/dpa

Um in den Niederlanden für die Sterbehilfe infrage zu kommen, müssen strenge Anforderungen erfüllt werden. Ein Patient muss an einer unheilbaren Krankheit leiden, die zu "unerträglichen" körperlichen oder geistigen Qualen führt und das Leben der betreffenden Person nicht mehr lebenswert macht.

Eine Untersuchung der niederländischen Sterbehilfe durch die britische Kingston-Universität hat aufgedeckt, dass zwischen 2012 und 2021 39 Menschen mit Autismus oder einer geistigen Behinderung legal getötet wurden.

Darunter befanden sich auch fünf Menschen unter 30 Jahren, welche ihre Autismus-Spektrum-Störungen als einzigen oder Hauptgrund nannten ihrem Leben ein Ende setzen zu wollen.

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Wegen dieser Fälle wird nun angezweifelt, ob die strengen Anforderungen für Sterbehilfe eingehalten wurden, oder die behandelnden Ärzte das Leben dieser Menschen zu Unrecht beendeten.

Vorreiter der legalen Sterbehilfe

Die Legalisierung der Sterbehilfe war heiß umstritten. Vor dem Regierungsgebäude in Den Haag beteten Demonstranten während man drinnen über die Euthanisie debattierte.
Die Legalisierung der Sterbehilfe war heiß umstritten. Vor dem Regierungsgebäude in Den Haag beteten Demonstranten während man drinnen über die Euthanisie debattierte.  © Serge Ligtenberg/AP/dpa

Laut dem belgischen Ethiker und Professor für öffentliche Gesundheit der Universität Gent, Kasper Raus, konzentrierte sich die Sterbehilfe der Niederlande bei seinem Erlass 2002 hauptsächlich auf Krebspatienten, nicht auf Menschen mit Autismus.

Doch in den letzten zwei Jahrzehnten, habe sich sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien - wo diese Praxis ebenfalls erlaubt ist - die Art der Patienten, die Euthanasie in Anspruch nehmen, stark verändert, so Raus.

60.000 Menschen starben in dem zehnjährigen Zeitraum der Untersuchung in den Niederlanden durch Sterbehilfe. 900 Fälle wurden dem britischen Forscherteam transparent zugänglich gemacht.

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Von den 39 Menschen mit Autismus oder einer geistigen Behinderung waren 18 Personen jünger als 50.

Viele Patienten gaben neben einer Reihe von psychischen und körperlichen (altersbedingten) Beschwerden auch einer oft unterschätzte Folge dieser Leiden an: unerträgliche Einsamkeit.

Zweifel an ethischer Botschaft durchgeführter Euthanasie

Viele Menschen mit geistiger Behinderung oder Autismus sind in der Lage ein glückliches Leben zu führen. Sendet die hohe Anzahl an Sterbehilfe-Fällen dieser Art eine falsche Botschafte? (Symbolfoto)
Viele Menschen mit geistiger Behinderung oder Autismus sind in der Lage ein glückliches Leben zu führen. Sendet die hohe Anzahl an Sterbehilfe-Fällen dieser Art eine falsche Botschafte? (Symbolfoto)  © 123RF/rawpixel

In acht Fällen bestand der alleinige Grund der Patienten ihrem Leben ein Ende setzen zu wollen in ihrer geistigen Behinderung bzw. der Autismus-Spektrum-Störung.

Oft werden Faktoren wie soziale Isolation, mangelnde Bewältigungsstrategien, fehlende Anpassungsfähigkeit an Veränderungen oder Überempfindlichkeit gegenüber Reizen unterschätzt.

Laut der Hauptautorin der britischen Studie, Palliativexpertin Dr. Irene Tuffrey-Wijne, gebe es keinen Zweifel am Leid dieser Menschen, doch sie fragt sich auch: "Ist die Gesellschaft wirklich damit einverstanden, die Botschaft zu senden, dass es keinen anderen Weg gibt, ihnen zu helfen, und dass es einfach besser ist, tot zu sein?"

Der Fall eines autistischen Patienten in seinen Zwanzigern regt besonders zum Nachdenken an: Er sei bereits seiner Kindheit gemobbt worden und deshalb lange depressiv gewesen.

Der Mann "sehnte sich nach sozialen Kontakten, konnte sich aber nicht mit anderen verbinden" und beschloss schließlich, dass er sterben wollte, weil "es eine Abscheulichkeit war, jahrelang so leben zu müssen". Diesen Wunsch gewährten ihm die Ärzte.

Der Tod als Problemlösung: Haben die Betroffenen falsche Vorstellungen?

Es wird angezweifelt, ob einige der geistig beeinträchtigten Patienten überhaupt in der Lage waren eine derartige Entscheidung über ihr Leben zu treffen. (Symbolfoto)
Es wird angezweifelt, ob einige der geistig beeinträchtigten Patienten überhaupt in der Lage waren eine derartige Entscheidung über ihr Leben zu treffen. (Symbolfoto)  © 123RF/Nagaets

Auch niederländische Ärzte sind schockiert über die besorgniserregende Entwicklung, darunter der Psychiater Dr. Bram Sizzo.

"Einige von ihnen sind bei der Aussicht auf den Tod fast aufgeregt", sagte Sizzo. "Sie glauben, dass dies das Ende ihrer Probleme und das Ende der Probleme ihrer Familie sein wird."

Laut der englischen Studie stellen Ärzte bei einem Drittel der Sterbehilfe-Fälle von Menschen mit Autismus oder geistigen Behinderungen fest, dass "keine Aussicht auf Besserung" bestünde.

Ob diese Patienten sich im Vorfeld in einer Therapie befanden, ist unklar. Auch ist fraglich, ob einige der Patienten tatsächlich in der Lage waren, eine solche Entscheidung treffen zu können.

Titelfoto: Bildmontage: Serge Ligtenberg/AP/dpa, 123RF/nagaets

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