In einer Bucht vor der Robinson-Crusoe-Insel: So fand die "Dresden" ihr Grab im Pazifik

Seit dem 14. März 1915, nunmehr 110 Jahre, liegt vor der ostpazifischen Robinson-Crusoe-Insel ein Schiffswrack namens "Dresden". Es dürfte noch gut erhalten sein, gilt in Chile als Denkmal und Nationalgut. Es war einst der schnellste Kreuzer der Kaiserlichen Marine und hatte gerade eine der längsten Seefahrten der Marinegeschichte hinter sich gebracht. Bevor der Kleine Kreuzer Dresden in 60 Metern Tiefe und 18.000 Kilometer fern der Heimat in einem dramatischen Ende sein Seegrab fand, hatte er einige legendäre Abenteuer erlebt.

Der seit 1908 für die Kaiserliche Marine fahrende Kleine Kreuzer Dresden hatte keine Panzerung. Seine größte Waffe war die hohe Geschwindigkeit.
Der seit 1908 für die Kaiserliche Marine fahrende Kleine Kreuzer Dresden hatte keine Panzerung. Seine größte Waffe war die hohe Geschwindigkeit.  © picture alliance/WZ-Bilddienst

Als das 118 Meter lange Schiff 1908 von der Marine in Dienst gestellt wurde, verfügte es auch über ein beeindruckendes Arsenal an Geschützen. Seine größte Waffe, welche mehrfach der 360 Mann starken Besatzung das Leben rettete, war jedoch die Geschwindigkeit.

Die beiden Parsons-Turbinen (18.880 PS) mit vier Propellern ließen den Kleinen Kreuzer übermotorisiert erscheinen, ein Tempo von mehr als 25 Knoten (47 km/h) war möglich. Wer schnell aus der Schussweite war, benötigte keine Panzerung.

Im Dezember 1913 verließ die "Dresden" letztmalig heimatliche Gewässer. Im Westatlantik sollte sie deutsche Handelsinteressen schützen. Nebenbei brachte sie auch einen mexikanischen Ex-Präsidenten ins Exil nach Jamaika. Als sie sich im August 1914 wieder auf die Heimreise machte, erhielt sie einen Funkspruch von der Marineleitung: "Drohende Kriegsgefahr - nicht heimkehren - Kreuzerkrieg führen!“"

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Der Erste Weltkrieg hatte gerade begonnen. Fregattenkapitän Fritz Lüdecke entschied sich für ein Einsatzgebiet vor der Ostküste Südamerikas. Bei seiner Hauptaufgabe in Kriegszeiten, nämlich "Schiffe versenken", war der Kleine Kreuzer Dresden recht erfolgreich.

Besonders britische Handelsschiffe standen im Visier, solange sie mehr als kriegsneutrale Fracht an Bord hatten.

Im Seegefecht bei den Falklandinseln wurde das Ostasiengeschwader bis auf ein Schiff versenkt. Mitverantwortlich war der britische Panzerkreuzer HMS "Kent", welcher dann auch die Selbstversenkung der "Dresden" erzwang.
Im Seegefecht bei den Falklandinseln wurde das Ostasiengeschwader bis auf ein Schiff versenkt. Mitverantwortlich war der britische Panzerkreuzer HMS "Kent", welcher dann auch die Selbstversenkung der "Dresden" erzwang.  © 123RF/Wikipedia

Kanada benennt Berge nach den Schiffen "Dresden" und "Leipzig"

Kaiser Wilhelm II. rüstete die militärische Flotte des Reiches massiv auf. An der Überlegenheit der britischen Marine konnte er aber nichts ändern.
Kaiser Wilhelm II. rüstete die militärische Flotte des Reiches massiv auf. An der Überlegenheit der britischen Marine konnte er aber nichts ändern.  © imago/Arkivi

Im September kam der Befehl, sich gemeinsam mit dem Kleinen Kreuzer "Leipzig" dem kaiserlichen Ostasiengeschwader anzuschließen und in den Pazifik zu wechseln. Vor der chilenischen Osterinsel lockte man die britische Flotte in eine Falle. Weil nur die "Leipzig" die Funkstille brach, glaubte der Feind an ein leichtes Opfer und bemerkte zu spät die viel größere Armada.

Dieses "Seegefecht bei Coronel" war für die Royal Navy die erste Niederlage seit hundert Jahren. Die "Dresden" und "Leipzig" hatten daran erheblichen Anteil – später wurden daher in Kanada zwei Berge ("Mount Dresden" und "Mount Leipzig") nach den Schiffen benannt. Für kurze Zeit stand der Seeraum zwischen Panama und Kap Horn unter deutscher Kontrolle.

Doch Vizeadmiral Maximilian Graf von Spee, Chef des Ostasiengeschwaders, war der große Sieg zu Kopf gestiegen. Entgegen der Bedenken der Kapitäne von "Dresden" und "Leipzig" befahl er, in den Atlantik zu wechseln und den britischen Stützpunkt auf den Falkland-Inseln anzugreifen. Was die Kaiserliche Marine nicht wusste: Kurz vor ihrer Ankunft waren dort zwei der modernsten Schlachtkreuzer vor Anker gegangen.

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Dieses Mal waren die Deutschen die Gejagten. Die Versenkung seines Geschwaders vor Augen gab von Spee die "Dresden" frei - aufgrund ihrer Geschwindigkeit war sie das einzige Schiff, welches der Vernichtung entgehen konnte.

Sie schaffte es tatsächlich, indem sie ihre Maschinen überbeanspruchte und teils 28 Knoten erreichte. An diesem 9. Dezember 1914 verloren 2400 Männer in der "Schlacht vor den Falklandinseln" ihr Leben.

Die "Dresden" versenkte sich in einer Bucht vor der ostpazifischen Robinson-Crusoe-Insel selbst. Sie liegt in 60 Metern Tiefe und 18.000 Kilometer von der Heimat entfernt.
Die "Dresden" versenkte sich in einer Bucht vor der ostpazifischen Robinson-Crusoe-Insel selbst. Sie liegt in 60 Metern Tiefe und 18.000 Kilometer von der Heimat entfernt.  © imago/H. Tschanz-Hofmann

Besatzung ernährte sich wochenlang von Fischen und Muscheln

Fregattenkapitän Fritz Lüdecke machte den Kleinen Kreuzer Dresden berühmt. Vor 110 Jahren aber sah er keinen Ausweg mehr und versenkte das Schiff.
Fregattenkapitän Fritz Lüdecke machte den Kleinen Kreuzer Dresden berühmt. Vor 110 Jahren aber sah er keinen Ausweg mehr und versenkte das Schiff.  © wikipedia

Für die britische Admiralität galt der Sieg aber als unvollendet, solange die "Dresden" noch Schaden anrichten konnte. Sie setzte erhebliche Ressourcen ein, um den Kleinen Kreuzer zu finden. Ohne Erfolg. Denn das Schiff wurde in eine auf den Karten nicht verzeichnete Bucht in den Fjorden Feuerlands versteckt.

Und weil sie keine Kohlen und Vorräte mehr hatte, verheizte die Besatzung selbst geschlagenes Holz und ernährte sich sieben Wochen lang von Fischen und Muscheln. Dann brachte ein ziviler deutscher Frachter die nötige Hilfe.

Kapitän Lüdecke sah sich nun wieder in der Lage, im Pazifik Kreuzerkrieg zu führen – dieses Mal weniger erfolgreich. Denn als die "Dresden" erneut auf ein Versorgungsschiff mit Kohle-Nachschub wartete, tauchte der britische Panzerkreuzer "Kent" auf. Mit fünf Stunden Höchstgeschwindigkeit gelang erneut die Flucht, doch dabei wurden die Maschinen endgültig ruiniert. Mit letzter Kraft schaffte man es in eine Bucht vor der Robinson-Crusoe-Insel.

Von der Kaiserlichen Marine hatte Lüdecke inzwischen die Freigabe, das Schiff an die chilenischen Behörden zu übergeben und die Besatzung internieren zu lassen. Doch vor der Ankunft eines dazu herbeigerufenen chilenischen Kriegsschiffes tauchten die zwei britischen Kreuzer "Glasgow" und "Kent" vor der Bucht auf und eröffneten sofort das Feuer. Acht Männer starben.

Die gut erhaltene Schiffsglocke steht nun im Militärhistorischen Museum Dresden und erinnert an die legendären Abenteuer des Schiffes.
Die gut erhaltene Schiffsglocke steht nun im Militärhistorischen Museum Dresden und erinnert an die legendären Abenteuer des Schiffes.  © Eric Münch

Alte Schiffsglocke ist heute in Dresden zu bestaunen

Die "Dresden" hisste die weiße Flagge, der Beschuss wurde eingestellt. Der Kapitän schickte seinen Adjutanten zum Führungsschiff, um formellen Protest einzulegen. Dadurch gewann Lüdecke genügend Zeit, die Selbstversenkung des Schiffes vorzubereiten und die Besatzung auf die Insel zu retten. Am 14. März 1915 um 11.15 Uhr sank der Kleine Kreuzer Dresden in der Cumberland-Bucht.

Lüdecke und seine Besatzung kehrten erst 1919 aus chilenischer Kriegsgefangenschaft zurück. Auf der Robinson-Crusoe-Insel gibt es nun eine Schule namens Escuela Dresden. Im Jahr 2006 wurde die gut erhaltene Schiffsglocke (155 Kilogramm) von deutschen und chilenischen Tauchern geborgen.

Nach einer Restaurierung ist sie seit 2008 im Militärhistorischen Museum in Dresden zu bewundern.

Titelfoto: Bildmontage: picture alliance/WZ-Bilddienst, imago/Arkivi, Eric Münch

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