Gang-Gewalt eskaliert: Banden belagern Polizisten-Viertel, viele Tote und Verletzte
Port-au-Prince (Haiti) - Seit vier Tagen belagern schwer bewaffnete Gang-Mitglieder einen Stadtteil der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Dort leben viele Polizisten und Sicherheitskräfte, die Kämpfe sind heftig. Sollte Solino fallen, würde wohl schon bald die ganze Stadt brennen.
Seit Monaten kommt der verarmte Karibikstaat nicht zur Ruhe. Brutale Banden kämpfen um Macht und Einfluss. Der Staat zerfällt. Alleine im vergangenen Jahr starben in der rund 1,2 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Port-au-Prince fast 4000 Menschen im Zusammenhang mit Ganggewalt, berichtet aktuell die Nachrichtenagentur AP. Weitere 3000 wurden entführt.
Nun ist die Lage völlig eskaliert. Seit vier Tagen belagern die Gangs den Stadtteil Solino. In dem Viertel leben nach Agenturangaben zahlreiche Polizisten und Sicherheitskräfte. Die Kämpfe sind brutal: Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte und Gangmitglieder - von denen viele noch Kinder sind - beschießen sich mit Kriegswaffen, Straßensperren aus brennenden Autoreifen wurden errichtet, Explosionen sind zu vernehmen.
Derweil harren noch Tausende Menschen in ihren Wohnungen aus. Verängstigte Anwohner rufen bei Radiosendern an, flehen verzweifelt um Hilfe.
Doch die Polizei soll sich schon zu großen Teilen aus Solino zurückgezogen haben. Die Menschen der angrenzenden Stadtteile blockieren die Zufahrtswege. Das Viertel ist sich selbst überlassen.
Bilder: Ganggewalt in Haiti eskaliert
Banden übernehmen Kontrolle
Straßenhändlerin Lita Saintil (52) hat den Horror erlebt.
Als sie am Donnerstag mit ihrem Neffen aus Solino floh, habe sie mindestens sechs Leichen auf der Straße gesehen, sagte sie zu AP. Zuvor haben sich die beiden stundenlang in ihrem Haus eingeschlossen, während auf der Straße unaufhörlich geschossen wurde. Später hätten Gangmitglieder mehrere Häuser in ihrer Nachbarschaft in Brand gesteckt.
Sollten die Banden den strategisch wichtigen Stadtteil einnehmen, könnten sie von dort aus auch die letzten friedlichen Viertel der Hauptstadt erobern. Die Lage in Haiti bleibt angespannt.
Titelfoto: Montage: Richard PIERRIN / AFP, PNH - Polizei Haiti, Odelyn Joseph/AP/dpa